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fragt doch einmal den preußischen Finanzminister, was ihm
am meisten Not und Sorgen bereitet? Als ehrlicher Mann
wird er euch unter vier Augen antworten: „Das Verhältnis
zum Reich", und wenn ihr weiter fragt, wieso? wird er
in seines Busens Tiefe greifend fortfahren: „Erstens: weil
die alte Grenzlinie zwischen den Steuerquellen des Reichs
und denen der Einzelstaaten neuerdings verschoben und nicht
mehr recht erkenntlich ist; zweitens: weil die Servis-Woh-
nungsgeld- und Gehalts-Verhältnisse der Reichs- mit denen
der Staatsbeamten in schier unerträglicher weise verknäuelt,
verquickt und verfilzt sind; und endlich drittens, was am
stärksten reagiert: weil die Pumpwirtschaft im Reich, auch
Preußens guten Staats-Kredit arg beschädigt hat, noch
dazu ganz ohne Not und gute Gründe. Beweis: Der
niedrige Stand der Reichs- und Staats-Anleihen; bedenk
liche Stimmen im Auslande über unsere Kredit-Würdigkeit
trotz guter Währung und liquider Zahlungen; Zurück
haltung des fremden Kapitals den deutschen und preußischen
Anleihewerten gegenüber. Ebenso bedenkliche Anhäufung
nicht auf den Markt gebrachter Effekten in den Porte
feuilles der übernehmenden Bank-Toncerns; hohe Zins
rate für Ausbringung deutscher und preußischer Anleihen
neueren Datums usw. usw."
Gb er das alles jedem Interwiever anvertrauen würde,
weiß ich nicht. Daß aber Solches oder Aehnliches sein
täglicher Morgen- und Abend-Stoßseufzer sein dürfte, —
wer daran zweifelt, lese noch einmal seine diesbezüglichen
Reden im Abgeordneten-, im Herrenhaus und im Reichs
tag aus den letzten 2—3 Jahren; lese aber auch etwas
der Unsolidität, welches dieses ganze Frankenstein'sche Kunststück durch
weht, machte sich später um so nachteiliger geltend und zwar gerade
für die Finanzen der Linzelstaaten, zu deren Gunsten es wohl ur
sprünglich erfunden war.