Full text: Die Steigerung der Produktivität der deutschen Landwirtschaft im neunzehnten Jahrhundert

22 
heute zum grössten Teil die billigere Kartoffel ausfüllt, deren Anbaufläche 
auf das zwölffache gestiegen ist. Dass die mächtige Entwickelung der 
Brauindustrie den Rückgang der Anbaufläche bei der Gerste nicht ver 
hindert hat, liegt daran, dass die Brauerei ihr Rohmaterial zum grossen 
Teil aus dem Ausland bezieht. Trotz der Verminderung der Anbaufläche 
ist übrigens, wie wir noch sehen werden, die absolute Produktion an Gerste 
nicht zurückgegangen, sondern infolge der Ertragssteigerung pro Flächen 
einheit beträchtlich gestiegen. Auch der Roggen ist in der Anbaufläche 
zugunsten des Weizens verhältnismässig zurückgegangen; der Weizenbau 
hat die grösste Ausdehnung erfahren, ganz im Einklang mit dem Streben 
der Bevölkerung, die Lebenshaltung immer mehr zu verfeinern. 
Die Steigerung der relativen und absoluten Ernteerträge 
während des ganzen Jahrhunderts. 
Die Veränderungen in den Anbauflächen geben noch kein vollständiges 
Bild von der Entwickelung der Getreideproduktion im ganzen; viel wesent 
licher ist in dieser Hinsicht die Steigerung der Erträge von der Flächen 
einheit. Man hat bis jetzt, um diese Ertragssteigerung auch über die 
letzten drei Jahrzehnte hinaus zu verfolgen, nur die Entwickelung der 
Produktion auf einzelnen Gütern herangezogen. Wie wir schon in der 
Einleitung erwähnten, hat die meisten dieser Einzeldarstellungen bereits 
P. Wagner miteinander verglichen und berechnet, dass die Steigerung 
der Erträge auf den betreffenden Gütern beim Winterkorn mindestens das 
D/afache, beim Sommerkorn das l 2 / 3 —2 fache betrage. Es muss indessen 
hervorgehoben werden, dass in diesen Ziffern nicht die Ertragssteigerung 
des ganzen Jahrhunderts zum Ausdruck kommt; denn die Daten der ein 
zelnen Güter beginnen vielfach erst mit dem 2.—4. Jahrzehnt und reichen 
höchstens bis in die 80 er, bei einigen sogar nur bis in die 60 er Jahre. 
Die Ertragssteigerung hat aber auch in den letzten Jahrzehnten noch an 
gehalten, wie uns die Erntestatistik und die Ziffern einzelner Domänen 
zeigen. Von den Mitteilungen, welche in der letzten Zeit über die Ertrags 
steigerung auf einzelnen Gütern an die Öffentlichkeit gelangt sind, wollen 
wir nur den Bericht über die Domäne Schianstedt erwähnen, weil derselbe 
einen der intensivsten Betriebe und die Entwickelung fast des ganzen 
Jahrhunderts betrifft. Die Erträge sind hier schon zu Beginn des Jahr 
hunderts verhältnismässig hoch gewesen und zeigen doch noch im Laufe 
der Jahrzehnte ein mächtiges Wachstum. 
(Siehe die Tabelle auf Seite 23.) 
Wie immer man nun auf Grund dieser Einzeldarstellungen die durch 
schnittliche Ertragssteigerung zifternmässig bestimmen mag, gegen eine 
Verallgemeinerung des Resultates und Übertragung auf das ganze Land 
sprechen folgende Gründe. Erstens pflegen Güter, die eine so langjährige 
exakte Buchführung aufzuweisen haben, an sich zu den besser bewirt 
schafteten zu gehören; die hier erzielten Erträge können darum nicht als
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.