Full text: Volkswirtschaftliches Lesebuch für Kaufleute

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Zweiter Teil. Landcl. I. Die Volkswirtschaft. 
Konsumtion naturgemäß durch den Zustand der Produktion bedingt wird und die 
Förderung dieser stets eine der wichtigsten praktischen Aufgaben bleibt, doch in erster 
Linie nicht auf den Zustand der Produktion, sondern auf den Zustand der Verteilung 
und der Konsumtion der Güter und der dadurch bedingten persönlichen Lebenslage der 
Volksmitglieder an. 
Die sittlichen Zwecke und Ziele der Volkswirtschaft und die Aufgabe, die Volks 
wirtschaft zu einem sittlichen Gebilde und zu einem immer höheren und vollkommeneren 
sittlichen Gebilde zu gestalten, sind zugleich die Ursache, weshalb überhaupt eine be 
sondere Wissenschaft, die sich mit der Erkenntnis volkswirtschaftlicher Zustände und der 
Bedingungen ihrer bestmöglichen Gestaltung beschäfügt, berechtigt und notwendig ist. 
Erst diese Auffassung des Wesens und der Aufgabe der Volkswirtschaft erhebt 
auch die Beschäftigung mit volkswirtschaftlichen Verhältnissen und Fragen weit über 
die materielle Sphäre hinaus, in der sie zunächst sich bewegt. Die volkswirtschaftlichen 
Fragen berühren sich nun mit den höchsten Fragen und Aufgaben, die es für den 
Menschengeist gibt: Indem sie die Reform, die Besserung der Volkswirtschaft zum 
Gegenstände haben, beziehen sie sich auf die Besserung einer der wesentlichsten Vor 
bedingungen des Völkerglücks, auf die Sicherung einer der wesentlichsten Garantien 
des Kulturlebens und des Kulturfortschritts der Menschheit, auf die Realisierung der 
Ideen der Gerechtigkeit, der Humanität, der Sittlichkeit im Leben der Völker. 
2. Die Wirtschaftsstufen in der Geschichte der Volkswirtschaft. 
(Natural-, Geld- und Kreditwirtschaft.) 
Von Gustav v. Schönberg. 
v. Schönberg, Die Volkswirtschaft. In: ftandbuch der politischen «Ökonomie. fterans- 
gegeben von v. Schönberg. <*. Aufl. «. Bd. Tübingen, ft. Lanpp, [896. 5, 30 — 32 und S. 50—52. 
Der heutige Wirtschaftszustand der zivilisierten Völker, welcher diesen ein Kultur 
leben ermöglicht, wie es nie früher bei einem Volke vorhanden war, hat sich im Verlauf 
der Geschichte der Menschheit allmählich herausgebildet. Er ist das Produkt einer 
lairgen geschichtlichen Enttvicklung. 
Jedes dieser Völker hat in seinem Wirtschaftsleben sehr verschiedene Phasen 
durchgemacht, nacheinander völlig verschiedene Gesamtwirtschaftszustände gezeitigt. Es 
ist ein Fortschreiten von niederen zu höheren Formen, in allmählichen, zum Teil Jahr 
hunderte langen Übergängen und in der Weise, in der überhaupt der Fortschritt in 
der Geschichte der Völker wahrnehmbar ist: nicht ein stetes Fortschreiten in gerader 
Linie, sondern eine Vorwärtsbewegung in Kurven, mit der zeitweise auch Rückschritte 
verbunden sind. Diesen Fortschritt beobachten wir in allen für den Wert der Volks 
wirtschaft maßgebenden Verhältnissen und Richtungen: in der Art und Mannigfaltig 
keit der Produttion, in der Gestaltung des Tauschverkehrs, in den Verhältnissen der 
Verteilung und Vermögensbildung, in den Zuständen der materiellen und immateriellen 
Bedürfnisbefriedigung, in der rechtlichen, ökonomischen, sozialen und politischen Lage 
der unteren Volksklassen, in dem Streben nach höherer Realisierung der Postulate der 
Gerechtigkeit, der Humanität, der Sittlichkeit, — kurz in der durch die wirtschaftlichen 
Verhältnisse bedingten Gesamtexistenz der Menschen. 
Anter diesen historischen Formen treten gewisse als Typen und typische Grund 
formen heraus. Jede derselben zeigt ein besonderes, völlig anderes und in einer Reihen-
	        
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