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unverkauften Garnen unter den Verbandsmitgliedern verschwindend
klein, die Versorgung mit Bestellungen dagegen ausreichend war,
um neue Verkäufe eine Zeitlang entbehren zu können. Durch ge
meinsames Vorgehen gelang es, die Notierungen für Garne soweit
zu erhöhen, daß neue, vorteilhafte Lieferungsabschlüsse Zustande
kommen konnten *). Die regelmäßige Fühlung, in welche die Berufs
genossen zu einander traten, ohne bindende Preis Vereinbarungen zu
schließen, trug allein schon zur Erreichung lohnender Betriebsergeb
nisse bei.
Mit der Zeit aber wurde man inne, daß eine so lockere Vereinigung
doch nicht imstande war, dem Geschäftsgänge der Industrie während
einer länger dauernden Depression die wünschenswerte Stetigkeit zu
erhalten. So hatte die aufsteigende Konjunktur von der Mitte der
neunziger Jahre an eine Preisteuerung vieler Betriebsmaterialien, Er
höhung der Löhne und Überproduktion hervorgerufen. Als mit dem
Ende des Jahres 1897 die Konjunktur in Rohbaumwolle ungünstig
wurde und der Zunahme des Angebots seitens der Spinnereien eine
Abnahme der Nachfrage infolge des unbefriedigenden Weberei
geschäftes gegenübertrat, versuchte man, eine allgemeine Betriebs
einschränkung durchzuführen — allein, es war vergeblich, jeder Spinner
suchte für seine Person soviel Vorteil als möglich herauszuschlagen.
Erst nach langen Verhandlungen einigten sich die Spinner von Rhein
land, Westfalen und benachbarten Bezirken auf folgender Grundlage:
Regulierung der Preise auf Grund der Tageswerte der Baumwolle
und unter Annahme eines mäßigen Satzes für die Spinnkosten. Es
gelang dem Kartell tatsächlich, die Preise der Gespinste parallel
denen der Baumwolle zu regulieren. Um ferner den Inlandmarkt zu
entsetzen, um einen Ausgleich zwischen Produktion und Konsumtion
herbeizuführen, gewährte es seinen Mitgliedern noch in dem Jahre
seiner Gründung, 1899, Ausfuhrprämien in Höhe von 10 bis 15 °/ 0 .
Es befolgte damit weiter nichts als die Politik anderer Kartelle und
leistete jedenfalls der deutschen Spinnerei die größten Dienste. Die
deutschen Baumwollweber aber, die sich inzwischen auch zusammen
geschlossen hatten, faßten diese Maßnahmen als speziell gegen sie
gerichtet auf und erhoben lauten Protest dagegen.
Der größte Teil der Weber hatte sowohl im Hinblick auf die
Organisationen der Spinner, als namentlich auch auf die kommenden
Zolltarifkämpfe am 17. Februar 1898 den „Verband deutscher Baum
wollgarnkonsumenten“ gegründet 1 2 ). Man erwartete von dem Zu
1) Jahresbericht der Handelskammer zu M.-Gladbach für 1887, S. 15.
2) Verzeichnis der im Deutschen Reiche bestehenden Vereine gewerblicher Unter
nehmer. Berlin 1903, S. 232. *