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wiesen, daß Landleute und Soldaten in den Nachmittagsstunden
wohl die Wirtschaften, aber niemals die Ladengeschäfte aufsuchen.
Gerade die selbst und allein arbeitenden Inhaber kleinerer Ge
schäfte bedürfen ausgiebiger Sonntagsruhe eben so sehr wie die
Angestellten.
Einige Äußerungen von Angestellten mögen als Stimmungs
bild hier Platz finden: Eine Verkäuferin in einer Berliner Kon
ditorei schreibt: Es wird bei uns den ganzen Tag über verkauft,
alles was die Leute wollen. (Daß die Konditoreien in Berlin
sich an die Sonntagsruhe-Vorschriften nicht kehren, ist eine offen
kundige Tatsache.)
Aus Potsdam erhalten wir von der Buchhalterin eines
Wein- und Konfitürengeschäfts die Nachricht, daß sie an Wochen
tagen eine 11 ständige Arbeitszeit habe. Die Tageslosungen an
Sonntagen seien sehr niedrig, so daß das Offenhalten sich gar
nicht lohne.
Die Verkäuferin in einem der angesehnsten Geschäfte (Branche:
Glas-, Porzellan-, Küchengeräte) in Graudenz schreibt: Das
Öffnen des Geschäfts in unserer Branche ist vollständig zwecklos.
Höchst selten läßt sich ein Kunde bei uns sehen.
Aus Halle erfahren wir von der Verkäuferin eines der ersten
Modewarengeschäfte: Durchschnittlich ist Sonntags sehr wenig
zu tun. Es kommt öfter vor, daß von J / 2 8 bis ^lO früh
keine einzige Kundschaft da war, es überhaupt bis kurz vor
2 Uhr sehr still ist und dann das Geschäft erst losgeht. Es
werden aber größtenteils Sachen gekauft, die durchaus am Sonntag
nicht nötig sind, und die Käufer sind meist solche Leute, welche
wirklich am Wochentage Zeit zum Einkauf haben.
Für die Sonntagsarbeit der Engrosgeschäfte werden
nachfolgende Gründe geltend gemacht:
1. Die Geschäftsinhaber lassen schon jetzt Sonntags nur
in solchen Fällen arbeiten, in denen es dringend erforderlich ist,
2. in den Seehandelsplätzen sei es wegen des Auslands
verkehrs notwendig,