Full text: Die Untersuchung landwirtschaftlich und gewerblich wichtiger Stoffe

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Futtermittel. 
In allen zweifelhaften Fällen — und diese bilden in der Praxis die Mehrzahl — 
wird man mit der mikroskopischen Untersuchung auch das Kulturverfahren ver 
binden, indem man bestimmte Mengen des Futtermittels mit einer Nährgelatine 
vermischt und zu Guß-Platten verarbeitet. Zum Nachweis der Schimmel benutzt 
man vorteilhaft eine 10 %-ige Lösung von Gelatine in Bierwürze, die nicht 
neutralisiert wird, zum Nachweis der Bakterien eine solche in Fleischabkochung, 
die mit Sodalösung genau neutralisiert werden muß. Aus der Zahl und der Art 
der auf den Platten wachsenden Pilzkolonien läßt sich dann bei einiger Übung ein 
Schluß auf etwaige Veränderungen des Futtermittels ziehen. Das Kulturverfahren 
allein genügt für die mykologische Kontrolle der Futtermittel nicht, denn es kann 
Vorkommen, daß manche der vorhandenen Pilze inzwischen Von seihst oder durch 
besondere Behandlung abgestorben sind, die sich dann mikroskopisch aber immerhin 
noch nachweisen lassen. 
Das von Emmerling S. 253 vorgeschlagene Verfahren zur Prüfung der 
Schiramelbildung in Futtermitteln darf nur mit Vorsicht angewendet werden. Es 
beruht darauf, die in einem Futtermittel enthaltenen Pilze durch Zusatz einer ent 
sprechenden Menge sterilisierten Wassers zur Entwickelung zu bringen. Der Verlauf 
dieser Prüfung ist wesentlich bedingt durch die Menge des Wassers, die gründliche 
Mischung desselben mit dem Futtermittel und die Temperatur. Enthält die Mischung 
über 30 °/ 0 Wasser, so entwickeln sich, wie schon S. 418 gesagt, sofort Bakterien, 
die die Schimmel unterdrücken. Bei Temperaturen, die wesentlich über Zimmer 
temperatur liegen, wachsen nur die höheren Wärme-Graden angepaßten Pilze, 
während gerade die häufigeren Arten, wie Eurotium repens und Penicillium glauoum, 
dabei zurücktreten. Tote Pilze werden durch dieses Verfahren natürlich nicht 
erkannt. Auch ist es für Melassen wegen ihres Zucker- und Salzreichtums nicht 
verwendbar. Im allgemeinen ist das Plattenkultur-Verfahren vorzuziehen. 
Die Beurteilung der saprophytischen Pilze in Futtermitteln. 
Weder die saprophytischen höheren Pilze noch die Bakterien der Futtermittel 
sind an sich für den Organismus schädlich, wie Fütterungsversuche und die all 
tägliche Praxis beweisen. Erst die durch den Lebensvorgang entstehenden 
Stoffwechselerzeugnisse oder die von ihnen ausgeschiedenen Toxine können 
dem Organismus gefährlich werden. Das Vorkommen von Schimmeln und Bakterien 
in den Futtermitteln bietet also an sich keinen Grund zur Beanstandung. Diese 
kann erst dann erfolgen, wenn nachgewiesen wird, daß die Pilze in dem betr. 
Futtermittel sich vermehrt und wesentliche Stoffumsetzungen hervor 
gebracht haben. Dieser Nachweis ist nicht immer mit Sicherheit zu führen. Eine 
hohe Keimzahl allein ist nicht ausschlaggebend. Die Oberfläche von 
Pflanzen ist stets von Pilzen bewohnt, deren Zahl je nach den Verhältnissen 
größer oder geringer ist. Auch die Oberfläche der Samen beherbergt stets je nach 
ihrer Gestalt, Struktur, nach den Witterungsverhältnissen während der Wachs 
tums- und Erntezeit, nach Art der Aufbewahrung, Reinigung, Verarbeitung usw. 
wechselnde, manchmal eine geringe, manchmal eine ungeheure Zahl von Pilzen, ohne 
daß deshalb die inneren Gewebsstoffe irgendwie verändert sind. Bei der Ver 
arbeitung der Eohstoffe gelangen diese Pilze zum großen Teil in die erzeugten 
Futtermittel, ohne daß diese dadurch eine Verminderung an Güte erfahren, wenn 
dafür gesorgt wird, daß eine weitere Vermehrung nicht stattfindet. So kommt 
es, daß völlig einwandfreie Futtermittel bald eine nach wenigen Hunderten, bald 
eine nach vielen Tausenden und Millionen zählende Keimmenge in 1 g aufweisen. 
Man muß also bei der Verwertung der Keimzahl sehr vorsichtig verfahren. Bei
	        
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