Full text: Die Untersuchung landwirtschaftlich und gewerblich wichtiger Stoffe

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Obst- und Beerenfrüchte sowie deren Erzeugnisse. 
III. Süfsweine. 
Für die Untersuchung der Süßweine gelten die Vorschriften der amtlichen 
„Anweisung für die chemische Untersuchung des Weines“ ebenso wie für gewöhnliche 
Weine, wobei besonders die für die mehr als 4 g Extrakt enthaltenden Weine aufgeführten 
Vorschriften zu beachten sind. Für die Bestimmung des Extraktes muß man das 
spezifische Gewicht der Extraktlösung, d. h. die von Alkohol befreite, wieder auf dasselbe 
Volumen aufgefüllte Lösung benutzen; das spezifische Gewicht wird mit dem Pyknometer 
(S. 449) bestimmt und hiernach der Extraktgehalt aus Tabelle XIX am Schluß ent 
nommen. 
Auch für die Beurteilung der Süßweine gelten die Vorschriften des Weiugesetzes 
vom 24. Mai 1901. Indes läßt im Gegensatz zu den gewöhnlichen Weinen das Wein 
gesetz hinsichtlich der Beurteilung für Süßweine folgendes zu: 
1. Die Bestimmung, daß Rotweine im Liter nicht mehr Schwefelsäure enthalten 
dürfen, als in 2 g neutralem schwefelsaurem Kalium enthalten sind, findet auf Rotweine, 
welche als Dessertweine (Süd-, Süßweine) ausländischen Ursprungs in den Verkehr kommen, 
keine Anwendung. 
2. Bei Süßweinen, welche nicht als deutsche in den Handel kommen, ist ein Zusatz 
von mehr als 1 Baumteil Alkohol auf 100 Raumteile Wein nicht verboten. 
3. Bei Weinen, welche als Dessertweine (Süd-, Süßweine) ausländischen Ursprungs 
in den Verkehr kommen, gilt ein Zusatz von getrockneten Früchten (Rosinen) oder ein 
gedickten Moststoffen zu Most oder Wein nicht als Verfälschung. 
Im allgemeinen ruht die Beurteilung der Süßweine zur Zeit noch auf sehr schwachen 
Füßen. 
E. List verlangte von einem konzentrierten (d. h. einem durch Konzentration des 
Mostes gewonnenen, etwa 20 g Zucker enthaltenden) Süßweine, daß er mindestens 4 °/ 0 
zuckerfreien Extrakt und 0,04 g Phosphorsäure enthalte. Diese Anforderung wurde 
später als nur für Medizinalweine zutreffend bezeichnet. Auf dem internationalen Nahruugs- 
mittelohemiker-Kongreß in Wien (1891) wurde auf Antrag von L. Rößler der Beschluß 
gefaßt, daß von gut bereiteten Tokayern ein Phosphorsäuregehalt von nahezu 0,06 g P 2 0 6 
in 100 ccm Wein zu fordern sei. 
Zu diesen Grenzzahlen, die einen Ausdruck der Konzentration des verwendeten 
Mostes geben sollen, ist noch zu bemerken, daß der Bestimmung des zuckerfreien Extraktes 
seinerzeit andere Verfahren bezw. Tabellen zugrunde gelegt wurden, als sie heute durch 
die amtliche Anweisung vorgesohrieben sind, und daher jene Zahlen noch mehr an Bedeutung 
verlieren. 
Eine große Bedeutung für die Beurteilung der Art der Herstellung der Süßweine 
kommt den Bestimmungen des Stickstoffs, des Glyzerins — so ungenau das Verfahren 
an sich auch bei Süßweinen sein mag — sowie unter Umständen auch der getrennten 
Bestimmung der Glukose und Fruktose (vergl. S. 234) zu. 
Letztere Bestimmungen sind deshalb von großer Bedeutung, weil sie einen teilweiseu 
Einblick in die Art der Bereitung der Süßweine gestatten; da nämlich bei der Gärung 
die Glukose rascher zersetzt wird als die Fruktose, so deutet ein wesentlich höherer 
Gehalt eines Süßweines an Fruktose als an Glukose (etwa im Verhältnis von 120—500 und 
mehr Fruktose : 100 Glukose) auf eine stattgehabte teilweise Vergärung des Mostes hin. 
Ebenso kann man den Gehalt des Süßweines an Glyzerin für diese Zwecke mit 
heranziehen. 
Ein sehr niedriger Gehalt eines Süßweines an Stickstoffsubstanz bei einem 
hohen Zuckergehalt deutet auf einen Zusatz von Rohrzucker zum Most oder Wein hin. 
IV. Obst- und Beerenweine (einschl. Süfs- und Schaumweine). 
DieUntersuohungder Obst- und Beerenweine erfolgt ganz wie die der entspreoh enden 
Traubenweine mit niedrigem bezw. hohem Extraktgehalt bezw. wie die des Trauben 
schaumweines.
	        
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