HL Teil.
Von 1816 bis zur Gegenwart.
1. Die Zeit des gesellschaftlichen Fabrikbetriebes.
Wir haben gesehen, daß das Tuchmacherhandwerk in den letzten
Jahren des vorher behandelten Zeitabschnitts einen regen Aufschwung
genommen hatte. Leider fanden die guten Zeiten schon mit den Be
freiungskriegen ihr Ende und es folgten drei Jahrzehnte eines äußerst
flauen Geschäftsgangs. Nach 1816 waren viele Familien, die sich
durch Wollkämmen und Spinnen ernährten, ohne jede Beschäftigung,
und es standen viele Webstühle still. In den früheren Jahren waren
in der Tuchfabrikation ungefähr 700 Personen beschäftigt worden,
während jetzt ihre Zahl 400 kaum überstieg. Die Waren konnten nicht
abgesetzt werden und häuften sich in den Lagern an.Z
Die Ursachen waren verschiedener Art, hingen aber eng mit den
veränderten politischen Verhältnissen zusammen. Während in den
früheren zwei Jahrhunderten die Kriege Unglück und Verderben nach
Lambrecht brachten und nur die Friedenszeiten eine ruhige Entwickelung
gewährleisteten, war es seit Ende des 18. Jahrhunderts umgekehrt.
Die Kriege brachten starke Nachfrage nach Militärtuchen, der Friede
jedoch eine tiefgreifende Stockung des Absatzes. Bestellungen staat-
licherseits blieben nach den Befreiungskriegen fast vollständig aus. Das
bayerische Militär deckte feinen Bedarf an Tüchern ausschließlich im
jenseitigen Bayern.
Von weitgehendem Einfluß war ferner das Ausscheiden Lambrechts
aus dem einheitlichen französischen Zollgebiet und die Aufhebung der
Kontinentalsperre. Die Pfalz war nicht von einer Zollinie umgeben
und fremde Wollenstoffe konnten frei und ungehindert eingebracht werden.
Zu diesen zwei Hauptursachen kam noch der Erlaß eines Hausier
verbots, das besonders die kleineren Tuchmacher sehr hart traf, die
ihre Stoffe nur im Wege des Hausierhandels absetzen konnten.
0 Speyerer Archiv: Regierungsextradition 1903 Nr. 578.