Full text: Familienfideikommisse und ihre Wirkungen

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Söhne. Daher es sich auch begreift, wenn Kleine x ) schreibt, „daß 
ein Geschlecht, welchem die Ehre zuteil wird, unter die hohe Aristo 
kratie aufgenommen zu werden, diese Ehre mit einer fast an Gewißheit 
grenzenden Wahrscheinlichkeit mit dem Absterben des Geschlechts 
schon nach wenigen Generationen erkaufen muß.“ Denn, um den Stand 
aufrecht zu erhalten, eine geringe Nachkommenschaft; es braucht dann 
nur eine vergrößerte Sterblichkeit aus gleichviel welchem Anlasse ein 
zutreten, und das Geschlecht ist erloschen * 2 ). 
Wie aber steht es mit dem vor seinen Geschwistern bevorzugten 
Erstgeborenen? Seine Pflicht ist, den Glanz des Familiennamens auf 
recht zu erhalten. Er kann nicht sparen. Je größer der Aufwand, 
den er macht, um so größer sein Ansehen, um so größer sein Einfluß, 
um so mehr ist er imstande, der Pflicht nachzukommen, für die, welche 
seine Bevorzugung vom Besitze ausgeschlossen hat, für die näheren 
und entfernteren Vettern, die seinen Namen tragen, gute Stellen zu 
erlangen. Außerdem hat er aber auch für seine eigenen nachge 
borenen Söhne zu sorgen und seine Töchter auszustatten. Die Folge 
ist, er gerät in Schulden. In Spanien, Italien, Frankreich, Deutschland 
wurde schon zur Zeit des Ancien Regime über die Schuldenlast der 
privilegierten Erstgeborenen geklagt. Sie muß sich, auch ohne daß sie 
über ihre Mittel leben, noch steigern, sobald infolge von Änderungen 
in der Staats- und Gesellschaftsordnung Stellen zur Versorgung der 
Nachgeborenen zu fehlen beginnen. Einen schlagenden Beleg hiefür 
bietet die Überschuldung der Inhaber der englischen Entails, seitdem 
die Beamtenlaufbahn in England, statt wie früher von Protektion, 
von dem Ausfall von Prüfungen bedingt wird und der Stellenkauf in 
der Armee abgeschafft ist. Seitdem werden bei der in jeder Generation 
•stattfindenden Erneuerung der Stiftungen die Gutsübernehmer so sehr 
zugunsten der nachgeborenen Kinder belastet, daß sogar ein konser 
vatives Ministerium sich genötigt gesehen hat, im Interesse der Guts 
übernehmer die Auflösbarkeit 3 ) der Stiftungen zum Gesetz zu machen. 
So haben wir denn einen schon durch seine Stellung als Majoratsherr 
gesellschaftlich zu einem nicht kärglichen Leben Verpflichteten; die 
Mittel aber reichen nicht; und in noch schlimmerer Lage befinden sich 
wirtschaftlich wie gesellschaftlich die um seines Glanzes willen in ihrem 
Erbe verkümmerten Familienglieder 4 ). 
B Kleine, a. a. 0. S. 2, 7, 8. 
2 ) Vgl. auch Wilhelm Roscher, Politik, 3. A. Stuttgart 1908. 
8. 144, 145. 
3 ) Vgl. Brentano, Gesammelte Aufsätze, I, 206. 
4 ) Selbstverständlich macht es an den hier geschilderten Zuständen 
keinen Unterschied, ob der eine, der alle anderen aussohließt, der Erstgeborene 
oder der Jüngste, wie dies auch vorkommt, oder ein durch das Los unter 
mehreren dem Stifter gleich nahe Verwandten Bestimmter ist. In der letzteren 
Bestimmung äußert sich lediglich die gleiche Liebe des Stifters für alle seine
	        
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