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sehen Fürstenfamilien geführt, wie z. B. im Hause Wittelsbach? Hat
nicht der große Lord Bacon geschrieben; „Die Fideikommisse nahmen
ihren Anfang von einem unter Eduard I. erlassenen- Gesetze ....
Infolge davon, daß das Land dem Erben so sehr gesichert war, daß
der Vater ihn nicht enterben konnte, wurde der Sohn ungehorsam,
leichtsinnig und verschwenderisch, heiratete häufig ohne Zustimmung
des Vaters und wurde unverschämt lasterhaft?“ Herrscht nicht eine
traurige Monotonie in den Zeugnissen der französischen Juristen der
vergangenen Jahrhunderte bis zu d’A g u e s s e a u und den Bericht
erstattern über den Code civil über die Wirkungen der Erstgeburtserb
folge und der Substitutionen auf die Familie? Gibt es irgend ein Land,
über das so häufig von den zerrütteten Beziehungen zwischen Vätern
und Söhnen noch heute berichtet wird wie über England mit seiner Erst
geburtserbfolge in das Grundeigentum? Von jeher sind die Familien
streitigkeiten über die Erbfolge gemäß Fideikommißstiftungen eine
Hauptnährquelle der Advokaten gewesen. Unter den Argumenten,
welche die italienischen Schriftsteller der vergangenen Jahrhunderte
gegen die Fideikommisse vorgebracht haben, spielen gerade die
Familienzerwürfnisse und die entsprechenden Prozesse, zu denen sie
Anlaß geben, eine Hauptrolle. Und in Deutschland ist es ebenso
geblieben bis zum Falle Kwilecki und zwar in allen Teilen des
Deutschen Reiches.
Ich komme zur zweiten Wirkung der Familienfideikommisse,
der für die Landwirtschaft. —• Bekanntlich führt das
Steigen der Fruchtpreise und alles, was, wie z. B. Getreidezölle, zu
ihrer Steigerung führt, alsbald zu einem Steigen der Bodenpreise, und
damit pflegt bei jedem Besitzwechsel die Verschuldung der Grund
besitzer zu steigen. Den damit verbundenen Nachteilen gedenkt man
vielfach durch Fideikommisse abzuhelfen; und allerdings, wenn der
Grundbesitz durch Fideikommisse unveräußerlich gemacht wird, und
der Fideikommißerbe das Gut — gleichviel wie hoch sein Wert ist —
umsonst erhält, ist der Gefahr steigender Verschuldung des Grund
besitzes radikal vorgebeugt. Dafür aber ein schlimmerer Nachteil.
Aus dem vorhin Dargelegten ergibt sich nämlich als notwendige Folge
der Fideikommisse die Trennung des Bodens vom Betriebskapital, und
damit der Verfall des landwirtschaftlichen Betriebs.
Die Abfindungen, welche die nachgeborenen Söhne und die Töchter
erhalten, sind für diese Berechtigten allerdings kläglich, nichtsdesto
weniger aber eine große Last für den Zahlungsverpflichteten. Sodann
sucht er, falls er überhaupt spart, wie schon bemerkt, für seine eigenen
nachgeborenen Kinder zu sparen. Folglich; die Kapitalanhäufung aus
dem Ertrage des Gutes geht diesem verloren. Verwendet er aber Er
sparnisse auf seinen Grundbesitz, so geschieht dies sehr häufig nicht,
um ihn zu verbessern, sondern um ihn zu erweitern, da von dem Um-