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betragen sie 8 °/ 0 der Gesamtfläche; 197 066 ha, d. h. 0,97 °/ 0 der
letzteren, sind allein in den Jahren 1896-—1907 neu hinzugekommen,
ein deutlicher Beleg dafür, daß die Gefahr der Latifundienbildung um
so größer wird, je mehr sich Deutschland industrialisiert.
Das zeigt sich selbst in Bayern mit seiner im Vergleich zu anderen
deutschen Landesteilen geringen Industrie. Die fideikommissarische
Bindung des Bodens beträgt, entsprechend dem Vorherrschen des
bäuerlichen Besitzes, allerdings nur erst 3,4% der Gesamtfläche des
rechtsrheinischen Bayern gegen 6,6% der Gesamtfläche in Preußen 1 ).
Auch stammt hier, entsprechend dem vergleichsweise späten Erwachen
einer industriellen und kommerziellen Regung, im Gegensatz zu Preußen,
noch die Mehrzahl der Fideikommisse aus der Zeit vor 1850, nämlich
106 gegen 96, welche von 1850 bis 1909 hinzugekommen sind 1 2 3 ). Das
kommt von der annoch überwiegenden Zahl der adeligen Hausgüter,
der Fideikommisse des vormaligen unmittelbaren Reichsadels und
der Lehen unter den bayerischen Fideikommissen. Selbstverständlich
müssen wir, wenn es sich um die Zunahme der Fideikommisse handelt,
von diesen drei Arten derselben absehen. Denn bei deren Natur ist
eine Zunahme fast ausgeschlossen; in ihrer enormen Mehrzahl stammen
sie sogar noch aus der Zeit des hl. römischen Reiches. Die Fideikommisse,
von deren Zunahme allein Gefahr droht, sind die gemäß der bayerischen
Verfassungsbeilage VIF). Das sind bis jetzt im ganzen 137 mit einer
gebundenen Fläche von 123 863 ha. Davon fallen 17 mit einer Fläche
von nur 11 257 ha auf die Zeit vor 1800, auf die Zeit von 1800—1850
fallen 33 mit einer Fläche von 35 032 ha, auf die Zeit von 1851—1900
dagegen fällt die Errichtung von 74 mit einer Fläche von 67 998 ha,
wozu von 1901 bis 1909 noch 13 mit einer Fläche von 9576 ha hinzu
gekommen sind. Also auch hier fallen in die 2. Hälfte des 19. Jahrhun
derts doppelt soviel Fideikommisse wie in dessen erste Hälfte; und wenn
es an bayerischen Industriellen, die zur Fideikommißgründung reich
genug sind, fehlt, kommen Industrielle aus anderen deutschen Staaten
herein, um den Adel, damit das Recht der Fideikommißgründung und
damit die Aussicht auf Erlangung der erblichen Reichsratswürde zu
erwerben. Es wird nämlich durch Titel VI § 3 der bayerischen Ver
fassung die Verleihung der erblichen Reichsrats würde auf adelige Grund
besitzer beschränkt, welche ein Fideikommiß gründen, von dem sie
1 ) Vgl. Dr. Schmehle, Der fideikommissarisch gebundene Grund
besitz in Bayern 1909. Ztschr. d. k. bayer. Statist. Landesamts 1910, S. 9, 10.
2 ) Vgl. S c h m e 1 z 1 e , a. a. O. S. 12.
3 ) Im rechtsrheinischen Bayern (in der Pfalz sind Fideikommisse ver
boten) können nach dem Edikt vom 22. Dezember 1811 Fideikommisse nur
zugunsten des Adels errichtet werden. Von den aus früherer Zeit stammenden
Rechtsverhältnissen ließ die Verfassungsurkunde resp. Beilage VII zu der
selben, noch 17 in der Zeit vor 1800 und 6 in der Zeit von 1800—1818 er
richtete Fideikommisse bestehen.