Full text: Die deutschen Getreidezölle

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verlangen, was er wollte, die Reichstagsmehrheit bewilligte es um 
der wirtschaftlichen Vorteile willen, die ihr dafür zuteil wurden. 
Die Bismarcksch§n Getreidezölle. 
Der Zolltarif von 1879 brachte mäßige Getreidezölle, 
e ine Mark pro 100 kg Weizen und Roggen. Angesichts des 
Weiteren Sinkens der Frachtkosten im Ausland nützte dieser 
Zoll nichts — die Preise sanken. 
Obwohl Bismarck einige Jahre zuvor zur Beschwichtigung 
von Bedenken gesagt hatte, daß „auch der verrückteste 
Agrarier nie an einen Getreidezoll von 3 Mark denken werde“, 
Wurden 1885 bereits die Zollsätze verdreifacht. Allein immer 
neue Getreideländer des Auslandes wurden erschlossen, aus 
gezeichnete Ernten fanden im In- und Auslände statt, und 
unaufhaltsam sanken die Frachtkosten im Seeverkehr. Die 
Getreidepreise gingen weiter herunter. Im Jahre 1887 kam 
eine neue Erhöhung der Zölle auf 5 Mk. 
Nun erfolgte ein Rückschlag. Die Getreideausfuhrländer, 
di® Vereinigten Staaten, Rußland und Österreich-Ungarn 
griffen zu Gegenmaßregeln. 
Die Zölle vermochten die Einfuhr von Getreide nicht 
a uf zuhalten. Denn mit der zunehmenden Industrieentwicklung 
Deutschlands ging ein in der deutschen Geschichte unerhörtes 
Anwachsen der Bevölkerung einher, eine Vermehrung von 
1 % im Jahre, 1900 sogar 1,5 %, 1905 1,46 %, 1910 1,36 %. 
Hunderttausende, die sonst auswanderten, fanden in der In 
dustrie Beschäftigung und blieben dem Lande erhalten. Wäh 
rend 1816 die Bevölkerung 24,8 Millionen betrug, wuchs sie 
au f 56 Millionen im Jahre 1900 und auf 64,7 Millionen im 
Jahre 1910. 
Die Industrieentwicklung veränderte und steigerte auch 
außerordentlich die Bedürfnisse des Menschen.
	        
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