Full text: Die deutschen Getreidezölle

50 
wendige F olge die extensivste Bewirtschaftung ist. In den Getreide 
ausführenden Gouvernements Rußlands kostet der Hektar 
zwischen 19 und 224 Mark, in Argentinien zwischen 
17 und 80 Mark, in den Vereinigten Staaten zwischen 
64 und 690 Mark, in Deutschland dagegen 
kostete gleichzeitig der Boden, selbst in den billigsten Gegenden 
das drei- bis hundertfache. Hier liegt die Ur 
sache der mangelnden Konkurrenzfähigkeit der deutschen 
Landwirtschaft mit dem Ausland. Wie aber wirkt der Ge 
treidezoll ? Indem er den Getreidepreis steigert, was er j a 
soll, steigt die Geldrente, welche der Boden abwirft, und ent 
sprechend steigt der Bodenwert. Der Landwirt, der jetzt 
verkauft, — und je höher einer verschuldet ist, um so größer 
ist die Versuchung für ihn, zu verkaufen — hat jetzt vom 
Getreidezoll sicherlich einen großen Nutzen gezogen; sein 
Nachfolger aber, sei es der Käufer oder der Sohn, ist alsbald 
wieder in der nämlichen Notlage, wie der Vorgänger, ehe es 
einen Zoll gab, denn er hat den Boden zu teuer gekauft oder 
übernommen und gerät bei sinkenden Getreidepreisen in 
Schwierigkeiten, die Zinsen des gesteigerten Bodenpreises 
her auszu wirtschaften. Der Getreidezoll hat also dem geholfen, 
der den landwirtschaftlichen Beruf aufgab. Dem aber, der 
in diesem Beruf arbeiten will oder muß, hat er die Existenz 
bedingungen erschwert. Er befindet sich alsbald wieder in 
Not. Dann werden abermals höhere Zölle gefordert und so 
fort. Es ist eine Schraube ohne Ende. Oder wie Dr. R u h 1 a n d 
1886 geschrieben hat: „Bringt der Schutzzoll... wirklich 
eine Besserung des landwirtschaftlichen Einkommens zuwege» 
so wird diese Hilfe zunächst von dem steigenden Grundpreise 
und danach von der steigenden Grundversohuldung aufgesogen- 
Die kritische Lage des Grundbesitzes ist aber nachher dieselbe 
wie vorher. Soll also z. B. das Mittel des Schutzzolls nur fort 
gesetzte Linderung bringen, so muß notwendigerweise ein
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.