6
hältnissen, sondern in veränderten Geld- und Kreditverhält-
nissen ihre Ursache hat. Aber eben, weil schon ohne die Zölle
eine allgemeine Steigerung der Preise stattgefunden hat,
wirkt die weitere Steigerung derselben um den vollen Betrag
der Zölle über den Weltmarktpreis um so drückender für die
deutsche Bevölkerung. Eine Umkehr von dieser Hochschutz
zollpolitik ist deshalb nötig. Wenn ich von Umkehr rede,
denke ich aber selbstverständlich nicht an eine plötzliche Be
seitigung der bestehenden Zölle. Denn das eben ist das Ver
hängnis der Zölle, daß sie künstliche Wertsteigerungen hervor-
rufen. Beseitigt man nun die Zölle, die Ursache dieser Wert
steigerungen, plötzlich wieder, so kommt es zu großen Ent
wertungen bestehender Vermögen. Die dann unausbleiblichen
Katastrophen müssen selbstverständlich verhindert werden.
Anderseits aber führen die Agrarzölle zu Wertsteige
rungen, die mit Notwendigkeit zu der Forderung weiterer
Zollerhöhung veranlassen. Bestreitet doch selbst der wissen
schaftliche Berater des Bundes der Landwirte Dr. Ruhland
auch heute nicht, daß Getreidezölle die Mittel zur Behebung
einer Not der Landwirte, wo von einer solchen gesprochen
werden kann, nicht sein können, daß sie nichts sind als eine
Schraube ohne Ende und daher auf die Dauer unvereinbar
mit dem Volkswohl.
Eben deshalb wird in der folgenden Schrift auch nicht
die plötzliche Beseitigung, sondern nur eine allmähliche Herab
setzung der Getreidezölle gefordert, um der Landwirtschaft
Gelegenheit und Zeit zur Anpassung an die veränderten Ver
hältnisse zu geben. Aber trotzdem die Wirkungen der Zölle
sich heute einem Jeden empfindlich bemerkbar machen, gibt
es noch viele, die sich völlig unklar sind über die Ursachen
des Übelstandes, unter dem sie leiden. Daher stehen selbst
noch viele Gebildete den Zollfragen gleichgültig gegenüber
oder, in Unklarheit versetzt durch die gewissenlose Propa-