IV.
Das Mnücrtchutzgeletz vom 30. Iltärz 1903.
Den furchtbaren Ergebnissen der Enquete von 1898 konnte
sich die Regierung nicht entziehen. Es wurde — ohne sonder
liche Eile übrigens — ein Gesetzentwurf ausgearbeitet, der
im Frühjahr 1902 dem Reichstag zuging. Dort wurde er,
in vielen Punkten verschärft, angenommen und trat am
1. Januar 1904 in Kraft. — Wir wollen die eingehende
Besprechung 1 dieses Gesetzes der Übersichtlichkeit wegen unter
einer Reihe von Stichworten zusammenfassen.
I. Seltungzberelch des Gesekes.
§§ 1 bis 3.
a. Für welche Betriebe?
Das Gesetz findet Anwendung auf' alle gewerblichen
Betriebe im Sinne der Gewerbeordnung, also nicht auf
Landwirtschaft, Forstwirtschaft, Fischerei, Vieh
zucht, auf Gesindedienste und anderen persönlichen
Dienstleistungen, auf künstlerische und wissenschaftliche
Tätigkeit, aus Erziehungsanstalten. Wenn also zum
Beispiel Kinder in Künstlerateliers zum Modellstehen oder
irgendwelchen Handlangerdiensten benutzt werden, wenn sie
bei Rechtsanwälten Schreiberdienste leisten, wenn sie im
Gemeinde- oder Kirchendienst zu Botengängen, zum Glocken
läuten oder als Chor- und Meßknaben Verwendung finden,
wenn sie in Erziehungsanstalten^ zu Arbeiten herangezogen
werden, so fällt diese Tätigkeit nicht unter das Gesetz. 1 2
1 Die folgenden Ausführungen stützen sich auf die Gesetzkommentare
von Rohmer, Ncukamp, v. Schulz, Hofmann, Rohrscheid. Die angeführten
Paragraphen verweisen auf die Paragraphen des im Anhang abgedruckten
Kinderschutzgesetzes.
2 Soweit in Erziehungsanstalten gewerbliche Arbeit zur Er
zielung eines wirtschaftlichen Gewinns betrieben wird (Federn schleißen,
Duncker, Kinderarbeit. 3