Der Geburtenrückgang in Deutschland. ;
Welchessindnun die Bekämpfungsmitteldieser
Entartungserscheinung? |
Wenn ich zu deren Besprechung übergehe, so habe ich zu-
nächst als selbstverständlich zu betonen, dass nicht einzelne
Massnahmen zu irgend einem Resultate führen können, dass es
vielmehr gilt, einen geschlossenen Kampf auf allen in
Frage kommenden Gebieten von Religion, Ethik, Moral,
Sozialpolitik, Strafrecht, Sanitäts-Polizei, Hygiene, Volkswirtschaft,
Mütter- und Säuglingspflege, Wohnungswesen, Armenwesen, Kranken-
versicherungswesen, Schundliteratur usw. zu führen. Ich muss es
mir natürlich versagen, auf alle erfolgversprechenden Massnahmen
einzugehen, mich vielmehr damit begnügen, die einzelnen zweck-
mässig erscheinenden Massregeln epigrammatisch aufzuführen und
allenfalls kurz durchzusprechen.
I. Massnahmen zur Förderung der Eheschliessungen bzw.
zur Bekämpfung der Ehelosigkeit.
Wenn auch, wie nachgewiesen, der Geburtenrückgang ganz
wesentlich auf dem Nachlass der ehelichen Fruchtbarkeit beruht,
so wird doch mit einer kräftigen Förderung der Ehen als der Grund-
lage alles Familien- und Staatswesens wie des legitimen Nach-
wuches der Kampf gegen die Abnahme der Entbindungen unbedingt
mit einzusetzen haben, um so mehr, als ganz gewiss in nicht wenigen
Fällen die üblen Gewohnheiten der Kinderverhütung, die in der
Ehe gebraucht werden, in ausserehelichen Verhältnissen gelernt sein
werden; diese Schule ist also tunlichst zu beseitigen oder zu kürzen.
Und da die Eheschliessungen nach allen ‚statistischen Nachweisen
ganz wesentlich den wirtschaftlichen Konjunkturen folgen, also von
der finanziellen Lage der Einzelindividuen abhängig sind, so wird
auch eine finanzielle Erleichterung und Förderung der Ehen eine
wesentliche Rolle in diesem Kampfe mit spielen müssen.
Wird hierdurch schon ohne weiteres eine gewisse Benach-
teiligung der Ehelosen indirekt bedingt sein, so werden diese auch
noch direkt zu treffen sein und zwar die ehelosen Männer mehr
als die ehelosen Frauen. Denn es ist bekannt, dass der Wille zur
Ehe bei den Frauen stärker ist als bei den Männern, dass jene
seltener die Ehelosigkeit freiwillig auf sich nehmen; auch ist die
Zahl der Frauen grösser als die der Männer, so dass tatsächlich nicht
alle Frauen heiraten können; betrug doch nach der letzten Volks-
zählung 1910 die Zahl der weiblichen Personen in Preussen
20317 494, während .die männlichen Personen 19847725 waren,
so-dass das weibliche Geschlecht um 469 769 überwog (in Deutsch-
land ist es fast eine Million). Alles in allem liegt jedenfalls .die
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