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muß. Gewiß kann es Zeiten geben, wo eine bedeutende Persönlichkeit,
wie z. B. Friedrich der Große, dem Volke ihren eigenen Willen auf
zwingt und eigenmächtig ihre Handlungen bestimmt, aber dann
nickt das Volk geduldig Beifall. Denn entweder richtet sich die ver
folgte Politik nicht wirklich gegen seine eigenen Wünsche oder sie
ist die Handlungsweise einer anerkannten Gewalt, eine Betätigung,
die in einem von dem Volke gutgeheißenen allgemeinen Regierungs
system zur Einzelerscheinung wird. Haben sich die Völker erst ein
mal häuslich eingerichtet, so tritt die Berufung auf die Gewalt, die
stets im Hintergrund lauert, nur selten in den Vordergrund des öffent
lichen Lebens.
Diese öffentliche Meinung, auf die sich jede Regierung gründet,
erhält immer mehr die unmittelbare Verantwortung für die Re
gierungshandlungen. Den sich fügenden Klassen bringt die durch
Handel und Industrie erzeugte Reichtumsanhäufung die wirtschaft
liche Macht, eine politische Machtstellung aber erringen sie, weil sie
in Kriegszeiten zur Landesverteidigung aufgerufen werden müssen
oder weil sie sich bei inneren Konflikten zwischen König, Kirche
und Adel für die eine oder andere der streitenden Parteien zu er
klären haben. Dies aber setzt sie in den Stand, sich den Wert ihrer
Nützlichkeit mit der Münze politischer Freiheiten bezahlen zu lassen.
Die Geschichte der politischen Freiheit berichtet über die Wege, die
die Gemeinschaften einschlugen, als sie aus einem Stadium, in dem
sie einem Regierungssystem gemeinhin zustimmten, ohne für die Poli
tik der höchsten Staatsautorität verantwortlich zu sein, in jenen Zu
stand gelangten, in dem die öffentliche Meinung das allgemeine
System nicht allein akzeptiert, sondern sich seiner bedient und so zur
handelnden obersten Gewalt wird. Die öffentliche Meinung des Unter
tanen verwandelt sich in die des Staatsbürgers, der Staat wird demo
kratisch. Pläne werden ersonnen undangenommen—wie: Finanzhoheit
des britischen Hauses der Gemeinen —, durch die alle im Staate formell
von der öffentlichen Meinung unabhängigen Gewalten in ihrer wirk
lichen Macht beschränkt werden. Die öffentliche Meinung, die an
fangs die Herrscher in der Ausübung ihrer Regierungsrechte begrenzt,
ergreift die Initiative in der Gesetzgebung, und dies ist von wesent
licher Bedeutung. Teilnehmen muß das Volk an der Leitung der Poli
tik, nicht aber die Wirkungen der staatlichen Maßnahmen einfach