Full text: Merck's Warenlexikon für Handel, Industrie und Gewerbe

Papier 
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Papier 
machen auch dort in den Besitz christlicher 
Nachfolger überging. — Der wichtigste Fort 
schritt bestand zunächst in dem Ersatz der 
Baumwolle durch Leinenfasern, wozu der immer 
fühlbarer gewordene Mangel an baumwollenen 
Hadern und die geringe Haltbarkeit des Baum- 
Wollenpapiers zwang, und gleichzeitig die Ein 
führung von Mühlen an Stelle der Mörser und 
Stampfwerke. Es folgte die Einführung soge 
nannter Doppelformen, welche die Arbeit des 
Schöpfers, Gautschers und Legers wesentlich 
»leichterten, und schließlich durch Robert die 
Erfindung der Papiermaschine, welche durch 
Gamble, Fourdrinier, John und Georg 
Hickinson, L e i stenschneider, Bramah, 
Penisson und Keferstein zahlreiche Ver 
änderungen und Verbesserungen erfuhr. — Die 
Papierbereitung erfolgt entweder durch 
Handarbeit (Hand- oder Büttenpapier 
fabrikation) oder überwiegend durch Ma 
schinen (Maschinenpapierfabrikation). 
Hie Herstellung des Handpapiers (Papiermanu 
faktur), die fast nur noch historisches Jnteresse 
hat, zerfällt in folgende einzelne Arbeiten: Sor- 
Heren (trier, delisser, sorting) der Hadern in 
2°—30 verschiedene Arten, Reinigen durch 
einen Stäuber (Wolf, frz. Blutoir, Loup, Diable, 
engl. Duster), Kochen mit Kalklauge in einem 
feststehenden oder rotierenden eisernen Kessel, 
Auswaschen und Halbstoffmahlen in der 
Eylindermühle oder dem Halbholländer (frz. 
Cylindre defileur, engl. Rag grinding engine), 
Bleich en des Halbstoffes (frz. Demi-päte, engl. 
Half-stuff) mit Chlorgas oder Chlorkalklösung, 
Ganzstoff mahlen in der Ganzstoffmühle oder 
'fern Ganzholländer (frz. Cylindre raffineur, 
etl gl. Pulp finishing engine). Zur Erleichterung 
'fcs Mahlens ließ man früher die Hadern faulen, 
'wodurch zugleich ein sehr geschmeidiges P. 
® r halten wurde. Schließlich wird der Ganzstoff 
(frz. Bäte fine, engl. Stuff) für Handpapier 
Jhit Harztonerde vorgeleimt und gefärbt, wobei 
me erforderlichen Farben entweder fertig zu- 
Sesetzt (substantive Farben) oder durch Nieder- 
Sc hlag auf dein Stoff erzeugt (adjektive Farben) 
^erden. Der so verarbeitete Brei gelangt in die 
Bchöpfbütte (frz. Cuve, engl. Stuff-vat), aus 
Reicher der Schöpfgeselle mit einer der 
Größe des P. 1 entsprechenden Form aus feinem 
jnessingdrahtgewebe und dem Rahmen (frz. 
farnis, engl. Would) die Fasern auffängt und 
c mrch Schütteln gleichmäßig verteilt. Der Gaut- 
l^her, dem darauf die Form auf einem Brett 
(BrSteau, Trestle) zugeschoben wird, drückt 
^ ei i nassen Papierbogen auf einen Filz (Feutre. 
c °ucheur, Wert feit), und zwar so lange, Bogen 
5 u f Filz übereinander, bis bei gewöhnlichen 
£apiersorten 181 Bogen in 182 Filzen liegen, 
Uer ganze Stoß (Puscht oder Panscht), daher 
■ .Uber Pauscht und Bogen“, kommt dann unter 
I ? le Presse, durch welche das überflüssige Wasser 
f^rausgedrückt wird. Die Arbeit des Legers 
“ e steht darin, die Papierbogen von den Filzen 
|eschi c kt abzunehmen (nicht einzureißen oder 
S las en zu machen) und genau Bogen auf 
, °gen zu legen (Umlegen, frz. Gänger, Re- 
CVer , engl. Change, Turn), wobei drei Puschte 
, u einem vereinigt und noch einmal auf 
Ur ze Zeit gepreßt werden. Darauf folgt das 
Auf hängen der Bogen zum Trocknen. Nach 
dem Trocknen wird das Papier geschält, von 
Knoten gereinigt und vom fehlerhaften Aus 
schuß (frz. Rdtire, engl, Worst part, Refuse) ge 
schieden. Die Leimung in Knochenleimlösung 
und Alaun (frz. Collage animal, engl. Sizing) 
geschieht in der Weise, daß man eine Hand 
voll Bogen zugleich in die Leimbütte taucht 
und dabei geschickt wendet, bis alle Stellen die 
Leimung annehmen. Nach dem Leimen wird 
das P. gepreßt, wieder aufgehängt, nach dem 
Trocknen nochmals gepreßt, geschält, sortiert, 
nötigenfalls geglättet, beschnitten und endlich 
in Lagen, Bücher, Riese und Ballen gezählt, in 
Riese ausgebunden und gepackt. — Diese müh 
same, zeitraubende und von der Geschicklich 
keit der Angestellten so sehr abhängige Arbeit 
der Handpapiermacherei wird in wesentlich ein 
facherer Weise von den modernen Maschinen 
ausgeführt. Ihre Grundlage bildet der Gedanke 
des Werkführers Robert in Essonne, ein Metall 
sieb ohne Ende als Form zu benutzen und da 
bei durch seitliche Schüttelung während des 
Ganges und damr durch Walzen mit Filztuch 
ohne Ende unter Druck das Wasser aus dem 
fortlaufend gebildeten Papierbogen (P. ohne 
Ende, frz. Papier sans fin, engl. Endless paperl 
möglichst zu entfernen. An Stelle des Siebes 
ohne Ende benutzte Leistenschneider einen 
mit Metallgewebe überzogenen hohlen Zylin 
der (Trommel, frz. Tambour, engl. Cylinder), 
der sich zu 2 / 3 in dem dünnen Papierbrei be 
wegt und zu '/j oben frei zur Ansaugung des 
P. dient, von wo dasselbe durch Filzwalzen 
abgenommen, weitergeführt und durch Preß- 
walzen entwässert wird. Durch diese beiden 
Einrichtungen war die Arbeit des Schöpfers, 
Gautschers, Pressers und Legers in eine 
mechanische Tätigkeit zusammengefaßt, so daß 
für die Handarbeit nur noch das Trocknen, 
Pressen und Planieren übrig blieb. Schließlich 
fügte Keferstein in Weida einen Trocknungs 
zylinder ein, der mit Dampf erhitzt wurde 
und das darübergeführte P. trocknete, damit 
war die Papiermaschine vollendet. —- Die beim 
Büttenpapier geschilderte Arbeitsweise vom 
Hadernsortieren bis zum gebleichten Ganzstoff 
findet auch bei der Herstellung des Maschinen 
papiers in gleicher Weise statt, nur erfolgt hier 
die Mischung der Fasern und Zusätze in 
anderer Weise. Während nämlich bei den Hand 
papieren fast ausschließlich die aus leinenen 
und baumwollenen Hadern durch feine Zertei 
lung gewonnenen Fasern Verwendung finden, 
ist bei den Maschinenpäpieren der Zusatz von 
feinen weißen Mineralstoffpn (namentlich Per 
manentweiß, Ton und Gips) eingeführt worden, 
welche den Papierstoff teils weiß, teils schwer 
machen. Auch wird der Holzstoff (frz. Pate 
de bois, engl. Wood pulp) sowie Zellulose aus 
Stroh-, Holz-, Jute- und Espartofaser in großen 
Massen verwandt. Die Leimung der in geeig 
neter Weise hergestellten Mischung erfolgt dann 
in der Stoffmühle oder der Mischholländer 
mühle durch Zusatz von 3—4°/o alkalischer 
Harzlösung und 3—40/0 Alaun oder 2—3 0/0 
schwefelsaurer Tonerde, worauf bei farbigen 
Papieren die Färbung stattfindet. Der fer 
tige, geleimte und gefärbte Papierstoff wird
	        
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