Full text: Der Sozialismus

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nahe zu liegen scheint. Denn die Arbeiter würden sehr bald die 
Erfahrung machen: Das Schicksal des Arbeiters, 'der in einem Berg 
werk arbeitet, ändert sich in gar keiner Weise, ob nun dieses Berg 
werk ein privates oder ein staatliches ist. In den Saar-Kohlen 
gruben ist der Lebensgang eines Arbeiters ganz derselbe wie | auf 
einer privaten Zeche: wenn die Zeche schlecht geleitet ist, also sich 
schlecht rentiert, dann geht es auch den Leuten schlecht. Aber der 
Unterschied ist, 'daß gegen den Staat kein Streik möglich ist, daß 
also die Abhängigkeit des Arbeiters bei dieser Art von Staats- 
sozialismus ganz wesentlich gesteigert ist. Das ist einer der Gründe, 
warum die Sozialdemokratie dieser „Durchstaatlichung“ der Wirt 
schaft, dieser Form des Sozialismus im allgemeinen ablehnend ge 
genübersteht. Sie ist eine Kartellierungs-Gemeinschaft. Maßgebend 
ist nach wie vor der Profit; die Frage: was verdienen die einzelnen 
UnternehmeT, die zu dem Kartell zusammengeschlossen’ sind und 
deren einer nun der Staatsfiskus geworden ist, bleibt bestimmend 
für die Richtung, in der die Wirtschaft betrieben wird. Und das 
Peinliche wäre: während 1 jetzt das staatlich-politische und privat- 
wirtschaftliche Beamtentum (der Kartelle, Banken, Riesenbetriebe) 
als getrennte Körper nebeneinander stehen und man daher durch 
die politische Gewalt die wirtschaftliche immerhin im Zaum halten 
kann, wären dann beide Beamtenschaften ein einziger Körper mit 
solidarischen Interessen und gar nicht mehr zu kontrollieren. Jeden 
falls aber: der Profit als Wegweiser der Produktion wäre nicht 
beseitigt. Der Staat aber als solcher würde nun den Haß der Ar 
beiter, der heut den Unternehmern gilt, mit zu tragen haben. 
Den prinzipiellen Gegensatz dazu könnte in der letztgenannte» 
Hinsicht nur etwa eine Konsumentenorganisation bilden, welche 
fragte: welche Bedürfnisse sollen innerhalb dieses staatlichen 
Wirtschaftsgebietes gedeckt werden? Sie wissen wohl, daß zahl 
reiche Konsumvereine, namentlich in Belgien, dazu übergegangen 
sind, eigene Fabriken zu gründen. Dächte man sich das verallge 
meinert und in die Hand einer staatlichen Organisation gelegt, so 
wäre das eine vollständig und grundsätzlich andere Art: ein Kon 
sumentensozialismus — von dem man heute nur noch nicht im ge 
ringsten weiß, wo man die Leiter hernehmen sollte, und von dem 
es ganz im Dunklen liegt, wo die Interessenten sein sollten, um ihn 
jemals ins Leben zu rufen. Denn die Konsumenten als solche sind
	        
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