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Auch das Bringen der Landesangelegenheiten vor das Forum
der Monarchie ist ein Mangel in der konstitutionellen Verfassung
und ein Hemmnis in der Arbeit. Auf diese Weise vergeudet man
die Zeit, die Worte und die Arbeitslust und zwingt man den freien
Willen des Volkes in veraltete Engen hinein.
Als Leiterin des Parlaments erfüllt die Regierung nicht ihre
Pflicht, das was ihre Pflicht gegenüber dem Volke ist, betrachtet
sie als eine Gnade und führt zeitraubende Verhandlungen, und so
schafft sie selbst eine Kluft zwischen sich und dem Parlamente.
Soll man sich danach noch wundern, daß die fremde Konkurrenz
uns überholt hat, ist es nicht die höchste Zeit, offen zuzugestehen:
„Es ist nicht gut, alles, was reell denkt, soll ernst Zusammenwirken.“
Die Tendenz der Regierung, um den Volkswillen möglichst nicht
zum Ausdrucke bringen zu lassen, hat einen Bankerott nicht nur der
ganzen bisherigen bureaukratischen Richtung grell zutage gebracht,
sondern hat auch den Wohlstand aller Völker Österreichs ruiniert.
. Die Obstruktion der Partei Svihas, die Einführung des absoluti
stischen § 14, Bewilligung der Anleihe, Rekruten und bosnischen
Bahnen ohne Parlament, haben die Krone der zentralistischen Re
gierungsart gesetzt. Der Fortschritt muß und wird sicher gewinnen,
der Wille der Völker wird schon Oberhand nehmen und den heutigen
Umwegen ein Ende bereiten.
„Aufrichtige Freunde starken Österreich auf zur ökonomischen
Arbeit!“ „Taten sollen die leeren Worte ersetzen!“
Es ist die höchste Zeit, um endlich andere Bahnen zu betreten
und „Österreichs Versäumnis“ nachzuholen.
Wien, am 20. Februar 1914.
*
Ing. Claudius Angerman,
Reichsratsabgeordneter.