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produktive Mitglieder der Gesellschaft sind, so muß es doch großes
Erstaunen erregen, daß auch den Geistlichen, Juristen, Ärzten, über
haupt Gelehrten aller Art jede Produktivität abgesprochen wird.
Außerdem ist Adam Smith hier eine kleine Inkonsequenz unterge
laufen, indem er, um vielleicht diese, auch ihm etwas ungewöhnlich
klingende Behauptung abzuschwächen, die oben erwähnten Berufs
klassen als „nützlich und edel aber nicht produktiv“ 1 ) bezeichnet.
Was kann aber „nützlich“ in diesem Zusammenhänge anderes be
deuten als „zur Produktion irgendwie beitragend“? Einigermaßen zu
erklären ist die Nichtachtung der geistigen Arbeit dadurch, daß er
vor dem Zeitalter der Erfindungen gelebt hat. Doch wenn wir auch
alle Erfindungen auf naturwissenschaftlichem und technischem Gebiete
außer acht lassen, auch die Arbeit der Geistlichen, Ärzte und Juristen
hat eine eminente Bedeutung für die gesamte Volkswirtschaft wie für
den einzelnen. Der Arzt erhält den Arbeitern ihre Arbeitskraft oder
gibt sie ihnen wieder, der Geistliche hat die Aufgabe, der großen
Masse des Volkes einen inneren Halt im Kampfe ums Dasein zu
geben, wie man auch über die tatsächliche Erfüllung dieser Aufgabe
denken mag. Der Jurist hat einem jeden sein Hecht zu verschaffen
und für die ordnungsgemäße Verwaltung der Gemeinwesen zu sorgen:
alles Aufgaben, die zur Förderung der Wirtschaft unbedingt not
wendig sind und deren Erfüllung daher auch als produktive Arbeit
bezeichnet werden muß, ganz gleich, ob sie sich in einem bestimmten
Gegenstände verkörpert oder nicht. Gerade diese Nichtachtung der
geistigen Arbeit hat den Sozialisten viel Stoff zur Aufstellung ihrer
Systeme geliefert, die sich hier auf eine in der Nationalökonomie all
gemein anerkannte Autorität wie Smith berufen konnten. Namentlich
ist es Karl Marx, bei dem man diese Ideen des englischen Gelehrten
in großer Zahl wiederfindet.
Genau so steht es mit der Unterschätzung der Bedeutung des
Staates, der staatlichen Ordnung und der Organe, die sie aufrecht zu
erhalten haben. Man darf eben den Begriff „produktiv“ nicht zu eng
fassen: es ist durchaus nicht notwendig, daß eine Tätigkeit sofort
sichtbare Werte schafft und greifbare Resultate zutage fördert, um
produktiv zu sein. Alle Arbeit und alle Einrichtungen, die letzten
Endes zu einer Wertvermehrung beitragen, und mag der Weg bis
zu diesem Erfolge noch so lang sein, müssen als produktiv angesehen
werden. Um nur ein Beispiel herauszugreifen: Sind etwa die großen
‘) Smith, a. a. 0., II, 79.