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Einführung in die Kriegswirtschaftslehre

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Bibliographic data

fullscreen: Einführung in die Kriegswirtschaftslehre

Monograph

Identifikator:
1004940505
URN:
urn:nbn:de:zbw-retromon-17272
Document type:
Monograph
Author:
Neurath, Otto http://d-nb.info/gnd/118587420
Title:
Einführung in die Kriegswirtschaftslehre
Edition:
Sonderabdruck aus: "Mitteilungen aus dem Intendanzwesen"
Place of publication:
Wien
Publisher:
[Seidel]
Year of publication:
1914
Scope:
1 Online-Ressource (Seiten 2-13, Seiten 2-16, Seiten 2-46)
Digitisation:
2017
Collection:
Economics Books
Usage license:
Get license information via the feedback formular.

Chapter

Document type:
Monograph
Structure type:
Chapter
Title:
III. Das Problem der Reserven
Collection:
Economics Books

Contents

Table of contents

  • Einführung in die Kriegswirtschaftslehre
  • I. Die Kriegswirtschaftslehre als Sonderdisziplin
  • II. Verschiedenartigkeit der Kriegswirkung
  • III. Das Problem der Reserven
  • IV. Arten der kriegswirtschaftlichen Bedarfsdeckung
  • V. Aufgaben und Wesen des Geldes
  • VI. Beschaffung von Zeichengeld
  • Beschaffung von Weltgeld
  • VIII. Organisation der unmittelbaren Realienbeschaffung
  • IX. Sicherung des Realienbedarfes für den Kriegsfall
  • X. Rückwirkungen des Krieges und der Rüstungen auf Geld und Kredit
  • IX. [i. e. XI.] Rückwirkungen des Krieges und der Rüstungen auf Produktion und Handel
  • XII. Der Kriegserfolg
  • Schlußbemerkungen

Full text

11 — 
wandten in Dalmatien nicht mehr. Gerade in der 
letzten Zeit sind Knaben und junge Männer aus 
Furcht vor dem Balkankrieg in ungewöhnlicher 
Zahl ausgewandert, die spät oder nie wieder 
kommen werden. Die Bewohner der Seeküste 
wandern viel leichter aus als die Bewohner aus 
dem Innern des Landes und es war ein großer 
Fehler der Regierung, daß sie die Küstenschiff 
fahrt, die sie mit einer Subvention von ein paar 
100.000 K hätte erhalten können, verfallen ließ.» 
Baernreither hebt denn auch besonders hervor*: 
«Es ist an eine wesentliche Einschränkung der 
Auswanderung nicht zu denken und es nützen 
auch bloß repressive Maßregeln nichs, wenn 
nicht zugleich die materielle Wohlfahrt des Lan 
des gehoben wird. Die 645.000 Einwohner Dal 
matiens müssen in dem Landbau, im Gewerbe, 
im Handel, in der Schiffahrt und in der Fischerei 
ihr Auskommen finden. Das zu erreichen, muß 
die große Richtlinie aller Maßregeln sein.» Wir 
sehen auch in diesem Falle, wie die sozialpoliti 
schen Gesichtspunkte bedeutsam werden können. 
Das Interesse am Aufschwung Dalmatiens ist den 
Dalmatinern und der Heeresverwaltung ge 
meinsam. 
Man hat in den letzten Jahren mehrfach sich 
bemüht festzustellen, welche Berufsgruppen der 
Armee die besten Soldaten liefern. Diese Unter 
suchungen, welche zeigen würden, welche Berufe 
im Interesse der Armee am meisten zu fördern 
wären, sind aber bis heute noch nicht so ein 
wandfrei durchgeführt worden, daß man die Er 
gebnisse ohne weiters verwerten könnte. Da man 
aber jetzt diese Probleme von vielen Seiten her 
in Angriff nimmt, dürfte ihre Lösung nicht mehr 
allzu lange auf sich warten lassen. Alle diese 
Fragestellungen sind heute sehr modern, da man 
sich über das Wesen und den Aufbau des gesell 
schaftlichen Körpers möglichst zuversichtlich zu 
unterrichten trachtet. 
Neben den großen Berufsgruppen, die gutes 
Soldatenmaterial liefern, müssen auch jene Berufe 
genannt werden, welche bereits im Frieden mili 
tärisch organisiert sind, aber Friedensaufgaben zu 
erfüllen haben. Dahin gehören z. B. das Finanz 
wachkorps und die Militärwachkorps, wie sie in 
Galizien bestehen. Eigentlich gehört hieher auch 
ein Teil des stehenden Heeres, nämlich jener, der 
z ur Aufrichterhaltung der inneren Ordnung ver 
wendet wird. 
Von großer Bedeutung für den Kriegsfall ist 
die Geburtenreserve eines Volkes. Normalerweise 
wird die Gebärfähigkeit der Frauen nicht voll 
ausgenützt, so daß die Möglichkeit besteht, nach 
großen Kriegen einen Bevölkerungsverlust durch 
Vermehrung der Geburten auszugleichen. Im all 
gemeinen kann man die Tatsache konstatieren, 
daß Völker mit niedriger Kultur eine hohe Ge- 
burtlichkeit "und eine hohe Sterblichkeit aufweisen, 
während man mit steigender Kultur eine Abnahme 
a. a. O. S. 16. 
beider Größen konstatieren kann. Je höher also 
ein Volk kultiviert ist, desto weniger nützt es die 
absolute Gebärfähigkeit seiner Frauen aus. Ta 
belle VII zeigt uns, wie kraß sich die Zahlen 
verhältnisse mit der Kultur ändern : 
Besonders kraß tritt der Kulturunterschied 
in der Säuglingssterblichkeit zutage, welche für 
die genannten Länder der Reihe nach beträgt: 
Schweden 100, Deutschland 220, Rußland (Durch 
schnitt) 330 und Kaluga 400. Wir sehen, wie in 
Schweden die Säuglingssterblichkeit gegenüber 
Kaluga noch schärfer absinkt als die allgemeine 
Sterblichkeit. 
Tabelle VII. 
Oeburtlichkeit, Sterblichkeit und Kultur 
Land 
Geburtlichkeit 
Sterblichkeit 
auf je 1000 Einwohner 
Schweden 
16 
.27 
Deutschland 
22 
36 
Rußland 
4R 
(Durchschnitt) 
Kaluga 
42 
54 
(in Rußland) 
Die Geburtenreserve kann nach Kriegen in 
sehr verschiedener Weise herangezogen werden. 
Als nach dem Dreißigjährigen Kriege die Entvölke 
rung in manchen Gegenden allzu groß war, soll 
die Vielweiberei gelegentlich gestattet worden 
sein. Zum Teil ist nach großen Kriegen eine Zu 
nahme der Geburten auch dadurch hervorgerufen, 
daß infolge der Verluste viele Stellungen frei 
werden, also die Chance, für sich selbst und die 
Kinder den Lebensunterhalt erwerben zu können, 
wächst. Zwar ist bei zunehmendem Reichtum im 
allgemeinen die Neigung, Kinder zu bekommen, 
geringer, aber das gilt im allgemeinen nicht, wenn 
Leute plötzlich wohlhabender werden, die noch 
die Geburtentradition der früheren Schichte auf 
weisen. Gelegentlich dürfte die Geburtenzunahme 
nach Kriegen auch dadurch gefördert werden, daß 
viele verlobte Paare die Verehelichung beschleu 
nigen, wenn der Krieg droht. Ich möchte darauf 
hinweisen, daß mir in Serbien zur Zeit der Mobi 
lisierung die erhebliche Zahl von Brautpaarbildern 
in den Schaufenstern der Photographen auffiel, 
welche Männer in Uniform aufwiesen. Es dürften 
viele in den Krieg gezogen sein, nachdem sie 
vorher ihre Frauen befruchtet hatten. Ein solches 
Verhalten wäre gerade bei den Serben nicht un 
verständlich, wenigstens konnte ich aus Gesprächen 
mit Serben die Tatsache entnehmen, daß sie die 
Fortpflanzung vielfach für eine nationale Pflicht 
ansehen. Wir sehen denn auch häufig nach Kriegen 
eine statistisch erfaßbare Zunahme der Geburtlich- 
keit, so z. B. in Deutschland nach dem Kriege 
von 1870/71. Während vorher die Geburtlichkeit 
unter 40 7 00 war, betrug sie nach dem Kriege 
über 40 °/ 00 . Alle Momente, welche diese Steige 
rung hervorrufen, kennen wir aber heute noch 
nicht, jedenfalls ist es wichtig, diesen Zusammen 
hang im Auge zu behalten.
	        

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Einführung in Die Kriegswirtschaftslehre. [Seidel], 1914.
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