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Wirtschaftspolitische Tagesfragen

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Bibliographic data

fullscreen: Wirtschaftspolitische Tagesfragen

Monograph

Identifikator:
1756296928
URN:
urn:nbn:de:zbw-retromon-133687
Document type:
Monograph
Title:
Wirtschaftspolitische Tagesfragen
Place of publication:
Berlin
Publisher:
Selbstverlag des Reichsverbandes der Deutschen Industrie
Year of publication:
1928
Scope:
39 S.
Digitisation:
2021
Collection:
Economics Books
Usage license:
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Chapter

Document type:
Monograph
Structure type:
Chapter
Title:
Professor Dr. Ernst Schultze, Leipzig, Direktor des Weltwirtschafts-Instituts der Handelshochschule Leipzig : Die Möglichkeit wirtschaftspolitischer Prophezeiungen
Collection:
Economics Books

Contents

Table of contents

  • Wirtschaftspolitische Tagesfragen
  • Title page
  • Contents
  • Professor Dr. Ernst Schultze, Leipzig, Direktor des Weltwirtschafts-Instituts der Handelshochschule Leipzig : Die Möglichkeit wirtschaftspolitischer Prophezeiungen
  • Dr. August Weber : Welche Bedeutung hat die deutsche Landwirtschaft innerhalb unserer deutschen Wirtschaft ?
  • Dr. Trendelenburg, Staatssekretär im Reichswirtschaftsministerium : Die Wirtschaftsarbeiten des Völkerbundes seit der Weltwirtschaftskonferenz

Full text

Professor Dr. ERNST SCHULTZE, Leipzig, 
Direktor des Weltwirtschafts-Instituts der Handelshochschule Leipzig: 
DIE MÖGLICHKEIT WIRTSCHAFTLICHER PROPHEZEIUNGEN. 
Meine sehr verehrten Herren! Wenn ich 
über die Möglichkeit wirtschaftlicher Pro- 
phezeiungen vor Ihnen sprechen soll, so 
möchte ich an die Spitze den Satz stellen, 
daß in der Theorie wie in der 
Praxis des Wirtschaftslebens 
unaufhörlich prophezeit wird 
— auch dort, wo man es leugnet. 
Ich will weiter den Satz hinzufügen, daß in 
den wirtschaftlichen Vorgängen, die wir 
kennen und erleben, die Kräfte der Ver: 
änderung diejenigen der Beharrung bei 
weitem überwiegen. In einer stabilen Wirt: 
schaft wäre ein Voraussagen künftiger Er- 
eignisse überflüssig, weil die‘ ökonomischen 
Vorgänge sich in ihr immer von neuem in 
derselben Art wiederholen würden. Ob es 
eine solche stabile Wirtschaft jemals gegeben 
hat, sei dahingestellt; ich möchte es be: 
zweifeln. Jedenfalls haben wir damit zu 
rechnen, daß heute eine solche stabile Wirt: 
schaft nirgends vorhanden ist, sondern daß 
sowohl in der Volkswirtschaft wie in der 
Privatwirtschaft unaufhörliche Veränderun: 
gen an der Tagesordnung sind; und diese 
Veränderungen fordern eben dazu heraus, 
daß man den Versuch macht, in die Zukunft 
vorauszusehen. Das aber nennen wir 
„Prophezeien“. 
Wer das nicht tut oder wer die Zukunft 
falsch beurteilt, der hat erhebliche Verluste 
zu tragen. Wer sich in der Voraussicht der 
ökonomischen Entwicklung verrechnet, hat 
das zu büßen. Die Wirtschaftsgeschichte 
weist zahlreiche Beispiele dafür auf und 
nicht minder der Schicksalsablauf der Pri- 
vatwirtschaften. 
Fragen wir zunächst kurz, wer denn 
eigentlich wirtschaftlich pro: 
phezeit. Ich meine, daß dabei an der 
Spitze steht die Wirtschaftspolitik und die 
Gesetzgebung sämtlicher Staaten. Sie glaubt, 
aus den Erfahrungen der Vergangenheit die 
Entwicklungsrichtung der Zukunft voraus: 
berechnen und sie durch bestimmte Maß: 
nahmen in ganz bestimmte Bahnen lenken 
zu können. Ferner prophezeit in gleichem 
Sinne die Wirtschaftspolitik der Parteien 
ınd Verbände. Es prophezeit weiter die 
;pekulation; sie geht immer von einer wirt: 
schaftlichen Prophezeiung aus und ändert, 
<orrigiert also daraufhin die gegenwärtigen 
’reise bzw. Kurse. Infolgedessen prophezeit 
lie Börse durch alle ihre Handlungen: sie 
ıntizipiert die voraussichtliche künftige Ent- 
wicklung und bringt sie in Kurserhöhungen 
‚der Kurssenkungen zum Ausdruck. Ferner 
»rophezeit die Unternehmung. Sie arbeitet 
ıe für die Gegenwart, sondern immer für 
lie Zukunft. Sie trifft alle Maßnahmen so, 
ls ob ihr die Entwicklungsrichtung der 
Zukunft bekannt wäre. Da aber der einzelne 
)nternehmer vielfach nicht über das nötige 
Material verfügt, um mit Sicherheit die Zuz 
:unft und die Schwankungen der wirtschaft: 
ichen Wechsellagen vorausberechnen zu 
zönnen, ist seit einiger Zeit die Konjunktur- 
orschung zu Hilfe gekommen. Sie sucht die 
Zukunft und zwar die nächste Zukunft der 
7reisentwicklung methodisch zu erforschen 
ınd der Öffentlichkeit zugängig zu machen. 
Nun möchte ich unter wirtschaftlicher 
”rophezeiung etwas anderes verstehen 
ıls die Konjunkturprognose; ich 
will kurz sagen, worin ich die Unterschiede 
ler beiden sehe. Ihr Aufgabenkreis deckt 
jich nur zum Teil. Die Konjunkturprognose 
’earbeitet größtenteils Probleme, von denen 
sich die wirtschaftliche Prophezeiung fern; 
1ält. Der Hauptunterschied zwischen beiden 
ijegt wohl darin, daß die Aufgaben der Kon: 
'unkturprognose zeitlich begrenzt sind, wäh: 
‚end die der wirtschaftlichen Prophezeiung 
sich auf Zeiträume erstrecken, die der 
»rsteren verschlossen bleiben. Die wirt; 
schaftliche Voraussage, wenn ich so die wirt: 
schaftliche Prophezeiung mit einem anderen 
Namen bezeichnen darf, sieht in eine Zu- 
zunft hinein, die von der Konjunkturpro- 
inose nicht erschlossen werden kann, weil 
liese von den wirtschaftlichen Wechsellagen 
ler Gegenwart ausgeht und daraus ihre 
Schlüsse für einen Zeitraum zieht, der im 
Töchstfalle einige Jahre, in der Regel sogar
	        

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Wirtschaftspolitische Tagesfragen. Selbstverlag des Reichsverbandes der Deutschen Industrie, 1928.
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