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Einziehung deutscher Forderungen in Belgien.
Die Handelskammer zu Berlin empfing unter dem 8. Oktober d. J. mit
Zuschrift des Verwaltungschefs bei dem Generalgouvemeur in Belgien, Seiner
Exzellenz des Herrn Dr. v. Sandt, eine Verlautbarung des Herrn v. Lumm,
derzeitigen Kaiserlichen Generalkommissars für die Banken in Belgien, vom
1. Oktober 1914, über die Einziehung von Forderungen deutscher Gläubiger in
den okkupierten Gebieten Belgiens.
1. Wechselforderungen; 2. Warenforderungen; 3. Bankgut
haben; 4. Sparkasseneinlagen.
A. Gesetzliche Grundlagen.
Zu 1. Fällige Wechselforderungen.
Der Fälligkeitstag der Wechsel bleibt an sich unverändert. Doch ist
folgende vom König der Belgier am 6. August d. J. erlassene Verordnung
(Moniteur vom 9. August 1914, Nr. 221 Artikel 1) in Kraft, deren Geltungs
dauer in den okkupierten Gebieten Belgiens der Deutsche Generalgouverneur
einstweilen bis zum 31. Oktober d. J. verlängert hat (Gesetz-und Verordnungs
blatt für die okkupierten Gebiete Belgiens vom 26. September 1914, Nr. 4):
„Die Fristen, während welcher die Protesterhebungen und sonstigen zur
Wahrung des Regresses bestimmten Rechtshandlungen vorgenommen werden
müssen, werden bis zum 31. Oktober einschließlich verlängert. Der Rückgriff
auf die Indossanten und die anderen Wechselverbundenen (le remboursement)
kann während dieses Zeitraums nicht durchgeführt werden.
Während derselben Frist ist der Wechselinhaber von der Pflicht befreit,
die Zahlung der Wechselsumme am Fälligkeitstage zu verlangen. Er hat den
Schuldner oder den hauptsächlichsten Wechselverbundenen davon zu verständigen,
daß der Wechsel am Domizil des Inhabers bezahlt werden kann.
Die Zinsen sind bis zum Tage der Wechseleinlösung zu entrichten."
Diese Bestimmungen schützen insbesondere Wechselaussteller und
-indossanten. Dem Wechselakzeptanten kommt eine andere bisher nicht ab
geänderte Verordnung des Königs der Belgier vom 4. August d. J. (Moniteur
vom 5. August 1914, Nr. 217) zugute. Sie ermächtigt die Richter, auch durch
einstweilige Verfügung den Schuldnern in weitgehendem Maße Zahlungsaufschub
zu gewähren. Dem Vernehmen nach ist dieser Aufschub bisher gewöhnlich
auf einen Monat nach Friedensschluß bemessen worden.
Zu 2. Fällige Warenforderungen.
Die unter 1 zuletzt erwähnte Verordnung (Gewährung von Zahlungs
aufschub) gilt insbesondere auch für den Warenschuldner. Weitere Moratoriums
bestimmungen sind für diesen nicht getroffen worden. Gegen im Felde stehende
Belgier können aber gerichtliche Verfahren überhaupt nicht anhängig gemacht
werden. (Letzteres gilt auch zu 1.)
Zu 3. Bankguthaben.
Die Zurückziehung von Bankguthaben wurde nach Kriegsausbruch durch
zwei Verordnungen des Königs der Belgier vom 3. und 6. August 1914
(Moniteur vom 4. August Nr. 216 und vom 9. August Nr. 221) geregelt.
Erstere gab den Bankgläubigern bis zum 15. August das Recht, von ihrem
Guthaben sofort Frs. 1000,— zuzüglich 10% des verbleibenden Saldos ab
zuheben. Die zweite beschränkt ihren Rechtsanspruch ab 16. August auf