Full text: Einführung in die Kriegswirtschaftslehre

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Es fragt sich nun, wie der Staat den uner 
wünschten Nebenwirkungen begegnen soll, welche 
die Ausgaben neuer Geldmengen hervorrufen. Wir 
wissen aus den Erörterungen über das Fullarton- 
sche Prinzip, sowie über die Zirkulation der An 
leihen, daß es vor allem darauf ankomme, die 
ins Publikum hinausgeströmten Geldmengen wieder 
in die Staatskassen oder Notenbankkassen zu 
rückzupumpen. Das ist nun nicht immer möglich, 
und man begnügt sich zuweilen damit, nur das 
übermäßige Anschwellen der Noten zu verhin 
dern. Nach dem Jahre 1866, als Oesterreich- 
Ungarn zur Aufrechterhaltung der staatlichen 
Punktionen Papiergeld ausgeben mußte, half man 
sich damit, daß man die Notenmenge, welche 
v om Staat emittiert werden durfte, mit 312,000.000 
kontingentierte. Wieso hatten wir nun bei Staats 
noten mit solchen Schwierigkeiten zu kämpfen? 
Uies rührt daher, daß die Banknoten dann emit 
tiert wurden, wann der Markt Geld benötigte 
Und daß die Emission auf dem Wege der Kre 
ditgewährung erfolgte, also ein Rückströmen 
garantiert war, während der Staat dann Noten 
emittierte, wann er selbst Geld brauchte, un 
abhängig davon, ob auf dem Markte Geldmangel 
herrschte oder nicht. Mit der Tatsache, daß die 
Zahlungsmittel aus Papier waren, hatten die 
drohenden Gefahren nichts zu tun, sondern da- 
IT >it, daß ein Mittel fehlt, die Geldmengen wieder 
zurückzupumpen — pflegen doch Steuern und 
'nnere Anleihen in solchen Zeiten zu ver 
sagen. 
Bei Papiergeld ist die Versuchung zu unaufhör 
licher Emission gegeben. Silbergulden kann man 
fiicht schrankenlos vermehren, weil man das 
Silber erst beschaffen muß. Papier dagegen ist 
’u beliebiger Menge vorhanden. Wie weit man 
darin gehen kann, zeigt die französische Assig- 
^atenwirtschaft in der Zeit der französischen Re- 
v olution. 1795 gab Frankreich Assignaten bis zum 
betrage von 75 Milliarden aus. Dieser Vorgang 
ist durchaus verständlich, wenn man sich vor 
Augen hält, daß durch die erste Notenemission 
bereits die Preise sehr erhöht sein können. Wenn 
n un die Möglichkeit fehlt, durch Steuern oder 
Anleihen, eventuell durch Kriegskontributionen 
e inen erheblichen Teil der ausgegebenen Gelder 
Nieder zurückzupumpen, so muß der Staat, wenn 
er in der Folgezeit dem Markt eine ebenso große 
Güterquote entnehmen will, wie im Jahre vorher, 
eine größere Notenmenge emittieren und in dieser 
^eise steigert sich die Notenmenge, welche 
e mittiert werden muß, selbst dann, wenn der 
Staatsbedarf konstant bleibt. 
Wir sehen, daß die Notenemission im Kriegs- 
schwere Störungen hervorzurufen vermag und 
es fragt sich, ob nicht andere Methoden zweck 
mäßiger sein können. An erster Stelle sei die 
Emission von Requisitionsbons genannt. Es wäre 
sehr wichtig, wenn man sich eingehend mit dem 
r °blem beschäftigen wollte, wie die Ausgabe von 
Noten, wie die Ausgabe von Requisitionsbons 
Wirke. 
Während das Balkankrieges waren beide Me 
thoden zu beobachten. Die Serben suchten möglichst 
mit Noten zu bezahlen, während die Bulgaren 
bereits im Anfang des Krieges Requisitionsbons 
als Zahlungsmittel an die Bevölkerung verwen 
deten. Ich will von den psychologischen Wirkun 
gen absehen. Die Zahlung mit Noten macht auf 
die Bevölkerung meist einen besseren Eindruck, 
als die Zahlung mit Requsitionsbons. Der Requi 
sitionsbon unterscheidet sich dadurch von der 
Note, daß er zunächst kein gesetzlich anerkanntes 
Zahlungsmittel ist. Der Bauender Industrielle, der 
Kaufmann, welcher Requisitionsbons erhält, hat 
damit ein Forderungsrecht an den Staat erwor 
ben, das er nach dem Kriege geltend macht. Da 
der Bon kein gesetzliches Zahlungsmittel ist, 
hat ein Bauer, der einen auf 20 Francs lautenden 
Bon hat, nicht die Sicherheit, daß der Kaufmann 
ihn mit 20 Francs in Zahlung nimmt. Der Kauf 
mann wieder kann ihn schwer zu 20 Francs in 
Zahlung nehmen, weil er nicht weiß, wie ihn der 
Lieferant annimmt. Die Zirkulation der Bons wird 
daher erschwert sein und wer nicht unbedingt 
muß, wird die Bons aufzuheben trachten. 100.000 
Francs Requisitionsbons werden daher auf dem 
Markte nicht dieselbe Wirkung ausüben, wie 
100.000 Francs Noten. Wenn die Requisitionsbons 
innerhalb einer Bevölkerung ausgegeben werden, 
die überhaupt zuwarten kann, kommen die Bons 
überhaupt nicht in die Zirkulation. Sie sind 
Schatzscheinen vergleichbar, die der Staat zwangs 
weise der Bevölkerung aufgedrängt hat, um dafür 
Naturalien zu erhalten. Nur wenn der Requisitions 
bon gesetzlich anerkanntes Zahlungsmittel wird, 
unterscheidet er sich kaum mehr von der Note. 
Dies geschah zum Beispiel während des nordame 
rikanischen Sezessionskrieges. 
Der Requisitionsbon ist dann eigentlich eine 
von den Militärbehörden ausgegebene Note, die 
gelegentlich von Requisitionen ausgegeben wird. 
Wir sehen, daß es von dem Bargeldbedarf der 
Bevölkerung abhängt, wie die Emission von Re 
quisitionsbons wirkt. Sind die Leute genötigt, die 
Bons unter dem Nominale als Zahlungsmittel zu 
veräußern, so bedeutet das für sie eine schwere 
Schädigung. Den Gewinn haben dann die letzten 
Inhaber der Requisitionsbons, denen dieselben nach 
Schluß des Krieges zum Nominale eingelöst wer 
den, wenn nicht ein Staatsbankerott dies etwa 
verhindern sollte. 
Nun könnte man darauf hinweisen, daß zwar 
durch die Emission von Requisitionsbons die 
Menge der Zahlungsmittel, falls sie in der ersten 
Hand verbleiben, nicht augenblicklich vermehrt 
würde, wohl aber nach dem Kriege, wenn die 
Einlösung einsetzt. Dagegen ist zu bemerken, daß 
nach Abschluß des Krieges im allgemeinen eine 
Periode aufsteigender Produktion beginnt. Die 
gesteigerte Geldmenge trifft mit einer wachsen 
den Produktenmenge zusammen. Außerdem hat 
es die Regierung in der Hand, die Einlösung suk 
zessive vorzunehmen, etwa den Ausgabemonaten 
der Requisitionsbons entsprechend. Ich will mich
	        
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