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In seiner hochbedeutenden am 12. April 1862 im Handwerkerverein der
Oranienburger Vorstadt in Berlin gehaltenen Rede „Arbeiterpro
gramm. Ueber den besondere nZusmm menhang der ge
genwärtigen Eeschichtsperiode mit der Idee des Ar-
tz e i t e r st a n d s" zeigt er, wie jede neue Epoche der Weltgeschichte von
einer neuen Idee «getragen werde. So sei in der französischen Revolution die
Klasse der Kapitalisten, der Bourgeoisie zur Herrschaft gelangt, sie habe den
Zetisus gefchaffen und die politischen Rechte «auf den Besitz beschränkt, sie habe
die indirekten Steuern geschaffen und die Lasten auf die Armeti gewälzt.
Am 24. Februar 1848 sei die Morgenröte einer neuen Geschichtsperiode her
eingebrochen, sie habe das Prinzip des vierten Standes zum herrschenden
Prinzip in der Gesellschaft erhoben und wolle nun alle ihre Einrichtungen
mit ihrem Geiste durchdringen. Dieser Sieg der Arbeiterschaft werde keines
wegs zur einseitigen Klassenherrschaft führen. Denn „hier bei der Herrschaft
des vierten Standes findet (im Gegensatz zur Herrschaft der Bourgeoisie) so
fort der immense Unterschied statt, daß der vierte Stand der letzte und
äußerste, der enterbte Stand der Menschheit ist, welcher keine ausschließende
Bedingung weder rechtlicher noch tatsächlicher Art, weder Adel noch Grund
besitz, noch Kapitalbefitz mehr aufstellt und aufstellen kann, die er als ein
neues Privilegium gestalten und durch die Einrichtungen der Gesellschaft
hindurchfühlen könnte. -Arbeiter sind wir alle, insofern wir nur eben den
Willen haben, uns in irgendeiner Weife der menschlichen Gesellschaft nütz
lich zu machen. Dieser vierte Stand, in dessen Herzfalten daher kein Keim
einer neuen Bevorrechtung mehr enthalten ist, ist eben deshalb gleich
bedeutend mit dem ganzen Menschengeschlecht. Seine Sache ist daher in
Wahrheit die Sache der gesamten Menschheit, seine Freiheit ist die Frei
heit der Menschheit selber, seine Herrschaft ist die Herrschaft aller. Wer
also die Idee des Arbeiterstandes als das herrschende Prinzip der Gesell
schaft anruft in dem Sinn, wie ich Ihnen dies entwickelt, der stößt nicht
einen die Klassen der Gesellschaft spaltenden Schrei aus, der stößt vielmehr
einen Schrei der Versöhnung aus, einen Schrei, der die ganze Gesellschaft
umfaßt, einen Schrei der Ausgleichung für alle Gegensätze in den gesellschaft
lichen Kreisen, einen Schrei der Einigung, in den alle einstimmen sollten,
welche Bevorrechtigung und Unterdrückung des Volkes durch privilegierte
Stände nicht wollen, einen Schrei der Liebe, der, seitdem er sich zum ersten
Male aus dem Herzen des Volkes emporgerungen, für immer der wahre
Schrei des Volkes bleiben und um seines Inhalts willen selbst dann noch
ein Schrei der Liebe sein wird, wenn er als Schlachtruf des Volkes ertönt."
(A. a. O. Band I. S. 187/88.) Man sieht, neben die wirtschaftlich-historische
Begründung des Klaffenkampfes stellt Lassalle in Anlehnung an Fichtesche
Eedankengänge auch durchaus ethische Erwägungen und Begründung. „Die
sittliche Idee des Arbeiterstatides dagegen ist die, baß die ungehinderte und
freie Betätigung der individuellen Kräfte durch das Individuum noch nicht
ausreiche, -sondern daß zu ihr in einem sittlich geordneten Gemeinwesen noch
hinzutreten müsse: die Solidarität der Interessen, die Gemeinsamkeit und
die Gegenseitigkeit der Entwickelung." (A. a. O., S. 196.) Diese Einheit der
Individuen in einem sittlichen Ganzen, eine Freiheit, welche die Kräfte
aller Einzelnen millionenfach vermehre, sei der Staat. Damit aber der Ar-