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Erstes Kapitel.
Wesen, Bedeutung und Unterschiede vom wissenschaft
lichen Sozialismus, Sozialdemokratie, Kommunismus
und Anarchismus.
i.
Schwerlich dürfte es in unseren wildbewegten Zeitläuften ein Wort
geben, das so unendlich oft gebraucht wird wie das Wort „sozial" oder auch
„sozialistisch". In den Reden der öffentlichen Volksversammlungen, in den
Debatten der Volksvertretungen, in den gelehrten Schriften der Juristen und
Nationalökonomen wie in den Aufsätzen der Tagespresse kehrt es unendliche
Male wieder. Das Wort „Sozialisierung" wird nachgerade zur gedankenlos
gebrauchten Floskel, zur abgegriffenen Scheidemünze des Alltags. Fast jeder
wendet es unbesehen an, sodaß man glauben sollte, über seinen wahren Sinn
und Bedeutung herrsche gesicherte Klarheit und restlose Uebereinstimmung
der Meinungen. Aber nichts irriger als dieses. Ganz im Gegenteil herrschen
über Sinn und Tragweite dieser Begriffe die denkbar größten Verschieden
heiten und Unklarheiten. Selbst in den hoch und höchst gebildeten Schichten
unseres deutschen Volkes werden die Ausdrücke: s o z i a l und s o z i a l i st i s ch,
kommuni st isch und anarchistisch, sozialdemokratisch und
anarchistisch wahllos in buntem Gemenge angewandt. Wie oft hört
man gegen eine wohlgemeinte sozialpolitische Anregung den Vorwurf er
hoben, sie sei „sozialistisch" und müsse deshalb abgelehnt werden. Als der
extreme wirtschaftliche Individualismus und Liberalismus in den 70er
Jahren des verflossenen Jahrhunderts in seiner Sünden Maienblüte stand,
bekämpften unsere liberalen Freihändler, Ludwig Bamberger an der Spitze,
die Verstaatlichung des Eisenbahnwesens als „Sozialismus". Die sogen,
„große Reichsfinanzreform" und insbesondere die damals geplante Ein
führung einer Erbschaftssteuer auf die Nachlässe der Eltern und Ehegatten
lehnte der damalige schwarz-blaue Reichstagsblock im Jahre 1908 mit der
Begründung ab: das sei eine gefährliche „sozialistische" Maßnahme. Und das
gleiche widerfuhr einem einmal vor längeren Jahren bereits in einer deut
schen Stadtverordnetenversammlung gestellten Antrag auf unentgeltliche Be-
speisung armer Schulkinder aus städtischen Mitteln. Namentlich in England