822 Rohrpost.
verdünnt oder verdichtet wird. Diese Luftbehälter stehen durch Rohre mit den vor
erwähnten Röhren in Verbindung. Der Luftzutritt wird durch Hähne geregelt. Soll eine
Reihe von Kapseln von einer Station zur anderen mittels Luftdrucks befördert werden,
so läßt man auf der Abgangsstation, nachdem die Kapseln in das Rohr eingelegt sind,
durch Drehung des Hahnes gepreßte Luft aus dem betreffenden Behälter in das Rohr
dicht hinter der Kapselreihe eintreten, so daß diese durch den Luftdruck zur nächsten
Station getrieben wird. Hingegen wird bei Beförderung der Kapseln durch Ansaugen
auf der Empfangsstation eine Verbindung zwischen der Luft im Beförderungsrohre und
derjenigen im Behälter für verdünnte Luft hergestellt und auf der Abgangsstation in das
Rohr dicht hinter den eingelegten Kapseln atmosphärische Luft eingelassen. Da die Kapseln
den Hohlraum der Röhren nicht ganz ausfüllen, so fügt man, um nicht einen erheblichen
Teil der als Triebkraft dienenden Luft unbenutzt an dem Zuge vorüberstreichen zu lassen,
dem letzteren am Schluffe einen 11 cm langen, 58 mm dicken, cylindrischen Kolben aus
Holz an, welcher ganz mit Leder überzogen und am Ende mit einer 2 mm starken Leder
manschette versehen ist. Letztere
hat einen Durchmesser von 90 mm
und ist an dem Kolben mittels
Schraube befestigt. Während der
Beförderung legt sich die Man
schette um die Wände des Kolbens
und füllt den Spielraum zwischen
diesem und den Röhrenwänden
dergestalt aus, daß daneben von
der als Triebkraft dienenden Luft
nur sehr wenig hinstreichen kann.
Um auf der Empfangsstation ein
heftiges Anprallen der Kapseln
zu verhindern, wird ihnen kurz
vor dem Eintreffen ein entspre
chender Luftdruck entgegengesetzt,
so daß sie am Endpunkte in lang
samem Tempo ankommen. Die
Ankunft eines Zuges bei dem
durch ein telegraphisches Signal
kurz vorher angekündigt. Die für die Station bestimmten Kapseln bzw. Sendungen
werden zurückbehalten, die übrigen Kapseln aber mit den auf der Station zugehenden ver
einigt zur nächsten Station weiter befördert. Die Auswechselung vollzieht sich mit großer
Schnelligkeit, der Aufenthalt ist demnach nur ein ganz geringer. Alsbald nach Ankunft
eines Transportes gehen von der Station Briefträger aus, welche die angekommenen
Gegenstände den Adressaten sogleich überbringen.
Mit der Rohrpost gelangen vorzugsweise Telegramme zur Versendung, welche von
auswärts auf dem Haupttelegraphenamte ankommen und an Adressaten in Berlin gerichtet,
oder welche bei den einzelnen Post- und Telegraphenanstalten der Reichshauptstadt auf
gegeben und von dem Haupttelegraphenamte nach auswärts abzutelegraphieren sind. In
dem Gebäude des letzteren befindet sich deshalb auch die Zentralrohrpoststation, welche zu
gleich den Ausgangs- und den Endpunkt aller Röhren bildet. Wegen des sehr regen
Verkehrs zwischen dem Haupttelegraphenamte und der im Börsengebäude untergebrachten
Telegraphenbetriebsstelle sind zwischen den Rohrstationen dieser Stellen zwei Röhren
stränge gelegt, wodurch es möglich geworden ist, zwischen diesen Stationen alle 7V 2 Minuten
Sendungen auszutauschen. Die Rohrpoststationen sind stets mit dem in dem betreffenden
Gebäude vorhandenen Post- oder Telegraphenamte vereinigt. Durch die Benutzung der
Rohrpost wird nicht nur eine erhebliche Beschleunigung der Zustellung der Telegramme
an Adressaten in Berlin sowie der Abtelegraphierung der in den verschiedenen Teilen
Rohrpostamte wird von dem Absendungsamte jedesmal