b. Zur Geschichte -er Socialdemokratie in Deutschland.
Ein deutscher Schneider, Namens Weitling, darf den zweifel
haften Ruhm beanspruchen, einzig und allein die socialistische Be
wegung in Deutschland hervorgerufen zu haben. Bereits im Jahre
1839 erschien in Genf, wo er sich damals aufhielt, sein erstes
Schriftchen, betitelt: „Die Welt, wie sie ist und wie sie sein soll",
worin er, wie der französische Socialist Saint Simon, erllürte, daß
das Loos der Arbeiterklassen mit dem Grundsätze der Gleichheit im
grellsten Widerspruch stehe und daß der Besitz von Eigenthum die
Ursache desselben sei, weshalb das Vermögen nach dem Tode des
Besitzers auf den Staat übergehen müsse.
Er verlangte ferner nach Fourier, ebenfalls einem Franzosen,
einheitliche gemeinschaftliche Bewirthschaftung der Ländereien, sowie
behufs Organisation der Arbeit die Errichtung von großen Ge
bäuden, welche von etwa je 2000 Personen (Phalansterien) aller
Stände und Berufsklassen zu bewohnen seien. Solch ein Phalan-
sterium müsse allen Lebensbedürfnissen seiner Bewohner entsprechen.
Es sei der Gesammtreinertrag aller Industriezweige in jedem Pha-
lanstcrium unter seine Mitglieder zu vertheilen und zwar so, daß
das Talent drei, das aufgewendete Kapital vier und die Arbeit
fünf Zwölfteltheile erhalten.
Durch diese Schrift erwarb sich Weitling in den Sänger-
vereinen und unter den Arbeitern viele Anhänger. Aus Genf von
der Polizei vertrieben, übersiedelte er nach Veveh am Genfersee, wo
er 1841 die Zeitschrift: „Hilferuf der deutschen Jugend" heraus
gab, welche die Maxime predigte, das Proletariat müsse sich des
politischen Regiments bemächtigen.
Als er aber in Zürich in einer andern Broschüre „Garantien
der Harmonien und der Freiheit" unumwunden den Communismus
verkündete und in seinem „Evangelium des armen Sünders" nicht
nur das Evangelium im Sinn des Communismus auslegte, sondern
sogar dem Proletariate den Rath ertheilte, durch Stehlen die Ber-