Full text: Ernährungswirtschaftliche Gegenwartsprobleme in Österreich

Österreich ist ein Land des Rahrungsmittcldefizites. Gäbe man 
die Bewirtschaftung heute schon sofort völlig frei, so würden sich ganz 
unerträgliche Zustände herausstellen. Die Freigabe der Bewirtschaftung 
müßte natürlich auch die Aufhebung der Rationierung zur Folge 
haben. Daß aber die Rationierung nur eben auf die importierte Ware 
beschränkt würde, erscheint nicht nur technisch schwierig, es wäre auch 
undurchführbar, weil wir ja hinsichtlich der Importe mindestens finanziell 
von der Entente abhängig sind und diese cs kaum zulassen würde, 
daß wir mit der Inlandsware sozusagen prassen und hinsichtlich des 
Importes ihre Hilfe in Anspruch nehmen. Eine Verteilung der Ware 
kann nicht mehr erfolgen, wenn die Ware nicht mehr in den Händen 
der Verwaltung ist. Aber auch jeder Einfluß auf die Preisbildung 
ginge verloren. Die freie Bewirtschaftung bedeutet zugleich den sofor 
tigen Sprung auf die Auslandsparität und die volle Wirksanikcit des 
Tiefstandes unserer Valuta im Auslande auch im Jnlande. 
Wieunter Freigabe des Verkehrs bei den gegenwärtigen Verhältnissen 
sich die Preise gestalten, daftir haben wir ja doch schon einige Erfahrungen. 
Ich verweise auf das Beispiel mit Pferdefleisch, in dem der Handel 
freigegeben wurde. Wissen die Anhänger der freien Wirtschaft, daß Heu, 
das freigegeben wurde, in Oberösterreich jetzt K 2'— das Kilogramm 
kostet? In Deutschland ist beim Versuch, den Fischhandel freizugeben, der 
Fischpreis ans das Dreifache gestiegen und ist überdies Warenknappheit 
eingetreten, so daß die Reichs-Fischversorgung wieder hergestellt wurde. 
Es wird vorgeschlagen, daß man sich mit der Ablieferung von 
bestimmten Kontingenten begnügen und den Rest freigeben soll. Dieses 
gemischte System hat zur Fplge, daß zwar freies Ex-Kontingent zu 
maßlosen Preisen im Handel ist, das Kontingent aber nicht abgeliefert 
wird. Siehe Hafer bei uns! Es wird auch vorgeschlagen, daß der Staat 
nur die weniger Bemittelten versorgen soll, die Versorgung der übrigen 
Teile der Bevölkerung dem freien Handel- überlassen soll. Man vergißt 
da die Schichtung unserer Einkonuncuverhältnisse, die dazu führen müßte, 
daß der Staat doch die Versorgung des weitaus größten Teiles der 
Bevölkerung auf sich nehmen müßte! 
Mit einen, Worte: Solange die Bedarfsdeckung durch hin 
längliche Importe für längere Zeit nicht. sichergestellt ist, 
solange nicht die Angst der Bevölkerung gebannt ist, die zur Thesau 
rierung und Bevorrätigung führt, kann meines Erachtens nach keine 
Regierung, speziell auf dem Gebiete der Getreidebcwirtschaftung, die 
BerantN'ortnng auf sich laden, die Voraussetzungen für die
	        
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