Full text: Ernährungswirtschaftliche Gegenwartsprobleme in Österreich

zu diesem Preise nicht abgenommen werden. Sie würden im Schleich 
handel billiger erworben werden können.**) 
Es wird nun ein anderer, eigentlich nicht ganz neuer Gedanke 
erwogen, die gleitende Lohnskala für Arbeiter und Beamte. Der" 
Gedanke geht von der richtigen Erwägung ans, daß die ständigen,, 
durch die Lebensmittelpreise fortwährend hervorgerufenen Lohn- 
betvcgnngeii und Lohnstcigernngen das Übel steigern und dgn berüch 
tigten Eirculns erzeugen. Man sagt, es müsse möglich sei», eine Form 
der selbsttätigen Anpassung der Löhne an die Preise zu finden mit. 
Hilfe einer fortlaufenden Preisstatistik. Der Gedanke hat, wenn auch 
nicht in diesem Zusaminenhange, bereits Anwendung gefunden. Im 
Zusammenhange mit der Lebensmittelteiiernng ist die gleitende Lohn 
skala in England bereits verwirklicht worden. Ich habe letzthin einer 
Zeitnngsmeldnng entnommen, daß in England im Wollgewerbe eilt 
Tarifvertrag abgeschlossen wurde, tvonach monatlich der Lohn steigen 
oder fallen soff; gemäß festgestellten Lebensunterhaltskosten im Vergleiche 
zu den Lebensunterhaltskosten im Juli 1919. Eine Veränderung des 
Lohnes sott immer erst erfolgen, wenn sich die Preise um 10 Prozent 
nach oben oder nach unten verschoben haben. 
Immerhin bietet auch die Durchführung dieses Gedankens, wie 
sich bei der Jndustriekonfcrenz gezeigt hat, nicht unbedeutende Schwierig 
keiten, insbesondere die Frage des festen und beweglichen Teiles des 
Lohnes. Sicher ist jedenfalls, daß das vorgeschlagene Mittel der" 
Berücksichtigung der hohen Lohnpreise im Lohnsätze und Gehaltsschema 
nicht wirkt für diejenige Schichte der Bevölkerung, die als Mittelstand 
bezeichnet wird, mindestens nicht für jenen Teil des Mittelstandes, den 
die Preiserhöhung nicht übcrwälzen kann. Während der Produzent die 
Kosten überwalzen kann, dem Arbeiter und Beamten ermöglicht werden 
soll, sich wenigstens teilweise „anzugleichen", kommt der arme, gequälte 
Mittelstand rettungslos unters Rad. 
Der Staatssekretär für Finanzen hat erst vor wenigen Tagen 
erklärt, das; cs unmöglich sei, daß der Staat auf die Dauer die 
Differenz zwischen den Einkaufspreisen im Auslande und den Abgabe 
preisen im Jnlande auf sich nehmen könne — es hieße das: Das 
Defizit unaufhörlich zu erhöhen, ick est neue Noten drucken, ■ id äst 
**) Ziehe Degischer: Das Problem der Staffelung der Lebensmittel- 
preise, in Nr. 14 des Verordnungsblattes des Staatsamtes für VolksernährunL 
vom 3t. Oktober 1919.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.