Full text: Ernährungswirtschaftliche Gegenwartsprobleme in Österreich

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sondern in fast allen wichtige» Nahrungsmitteln (ausgenommen 
Zucker und Malz) war das alte Österreich auf de» Bezug von 
auswärts angewiesen- Ich erwähne hier beispielsweise nur Speise 
fett (einschließlich Butter, Pflanzenfett usw.), bei welchem nur 53 Prozent / 
des Bedarfes durch die inländische Produktion, der Rest aber durch ' 
Importe, zumeist aus Ungarn, gedeckt werden mußte. 
Die Abhängigkeit, in der da? alte Österreich hinsichtlich seiner 
Lebensmittelversorgung vom Auslande — und Ungarn war ja auch 
schon im Frieden zur Zeit der alten Monarchie trotz des sogenannten 
einheitlichen Wirtschaftsgebietes bis zu einem gewissen Grade Ausland 
— stand, hat die Öffentlichkeit lange vor Kriegsausbrnch wiederholt 
lebhaft beschäftigt. Ich erinnere daran, daß zum Beispiel der Jndn- 
strierat im Jahre 1911 eine Erhebung über die Große des sogenannten 
Lebensmitteldefizits veranlaßte. 
Ist schon die Abhängigkeit des alten Österreichs in der Lebens 
mittelversorgung evident gewesen, so hat die durch de» Umsturz herbei 
geführte Trennung der österreichischen Alpenländer und Wiens von den 
Sndetenläudcrn, von Galizien nnb von Ungarn die Situation noch 
wesentlich verschärft und cs bedarf wohl nicht der Anführung weit 
läufiger Ziffern, um dies zu beweisen. In Galizien allein wurden im 
Jahre 1913 zum Beispiel 31 ’2 Prozent der österreichischen Weizen- 
produktion, 25’8 Prozent Hafer, 39 2 Prozent an Hülsenfrüchten 
geerntet. Aber nicht nur unsere Getreideproduktion ist ganz unzu 
länglich, es gilt dasselbe in hohem Maße hinsichtlich Kartoffeln, Kr 
Eier, für Fleisch und Fett, für eine ganze Reihe anderer landwirt 
schaftlicher Artikel und von den industriell erzeugten Nahrungsmitteln, 
insbesondere für Zucker. Von den 180 Zuckerfabriken, über die das 
alte Österreich verfügte, sind uns nur 4 übrig geblieben, welche heute 
kaum imstande sind, 1 Kilogramm pro Kopf und Jahr der Bevölke 
rung der Republik Österreich zu liefern, während der Jahresbedarf 
eines Wieners an Zucker im Frieden 20 bis 24 Kilogramm pro 
Jahr betrug. 
Für Wien hat sich die Abtrennung der bisher zu Österreich 
gehörigen Gebiete ganz besonders geltend gemacht. Wien, ivclches an 
der Grenze Ungarns gelegen, nur einige Kilometer von der tschechischen 
Grenze entfernt ist, war jedenfalls, was die Ernährung anlangt, östlich 
orientiert und wurde nur zum geringsten Teil aus den eigenen inner- 
österreichischen Gebieten versorgt. 
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