Full text: Die wirtschaftlichen Beziehungen zwischen Russisch-Polen und dem Deutschen Reiche und die sich daraus für den Friedensschluss ergebenden Folgerungen

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folge der von Rußland aufgerichteten Zollschranken entwickelt 
haben, sind als künstlich zu betrachten und haben unter veränder 
ten Verhältnissen keine Lebensfähigkeit. — 
Was die bisherigen wirtschaftlichen Beziehungen 
Polens zu Deutschland anlangt, so ergibt sich ohne wei 
teres, daß sie bisher nicht in dem Maße entwickelt sind, wie es den 
Bedürfnissen beider Länder entsprechen würde. Leider ist eine 
Waren-Ein- und Ausfuhrstatistil für Polen nicht vorhanden; man 
ist daher aus die Verkehrsstatistik der Eisenbahn (Anlage 2) an 
gewiesen, die jedoch die Werte der Waren nicht angibt. Immerhin 
ist aus ihr ersichtlich, daß schon jetzt gewisse Stoffe aus Polen 
nach Deutschland in großen Mengen exportiert werden, so vor 
allem Erze und Holz, ferner Mehl und Mühlenfabrikate sowie 
landwirtschaftliche Produkte wie Gerste, Hirse, Sämereien, Flachs, 
Kleie und Ölkuchen. Sehr umfangreich ist ferner die Ausfuhr 
Polens nach Deutschland in Geflügel aller Art und Schweinen. 
Aus Deutschland nach Polen wurden hautpsächlich Halb- 
und Fertigfabrikate ausgeführt, z. B. Eisen und Stahl, Eisen- 
und Stahlwaren, Dampfkessel, Zink, Garne, Leder, Lumpen, 
Düngemittel, in den letzten Jahren auch Roggen, Hafer, Öle. 
Bedeutend war die Ausfuhr stets in Steinkohle und Koks. Es 
ist also bemerkenswert, daß Polen schon jetzt trotz der hohen Zoll 
schranken ein Importland wenigstens in gewissem Unifange für 
Deutschlands Industrien gewesen ist, während es seinerseits an 
Deutschland Rohprodukte aller Art abgegeben hat. 
Ohne weiteres ist schon aus dem Vorstehenden ersichtlich, 
daß Polen unter allen Umständen für Deutschland außerordent 
lich begehrenswert ist; im folgenden seien aber noch einige be 
sonders wichtige Momente, die unseres Erachtens unbedingt zu 
einer wirtschaftlichen Angliederung Polens an Deutschland zwin 
gen, kurz hervorgehoben: 
So hoch entwickelt unsere Landwirtschaft auch ist, so ist sie 
leider doch nicht in der Lage, den gesamten Bedarf des deutschen 
Volkes an Brotgetreide und Futtermitteln zu decken. Wir b e - 
dürfen deshalb unbedingt weiteren Bodens 
zur landwirtschaftlichen Nutzung, um in Hin 
sicht auf die Ernährung unseres Volkes gänz 
lich vom Auslande unabhängig zu werden; dieses ist 
schon aus dem Grunde erforderlich, damit in Zukunft auch in den 
Augen unserer Feinde ein Plan zur Aushungerung des deutschen 
Volkes nie wieder aufkommen kann. Diesen zur Zeit fehlenden 
Mehrbedarf decken zu helfen, ist Polen mit seinem wertvollen 
Ackerboden, der bei rationeller Anwendung neuzeitlicher Agrikul-
	        
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