Full text: Zur Zollfrage

5. An eine Selbfternährung sei gar nicht zu denken, zumal 
diese auch im Frieden, bei der damals größeren Bodenfläche 
nicht möglich gewesen wäre. 
6. Die Landwirtschaft sei gegen einst entschuldet und könne 
deshalb ganz andere Lasten tragen als früher. 
7. Kredite können helfen. 
8. Der Weg vom Erzeuger zum Verbraucher müsse abgekürzt 
werden. 
9. Nur Fertigwaren seien schutzzollberechtigt. Die Land⸗ 
wirtschaft aber liefere keine Fertigwaren, sondern nur Roh-(Ur-⸗) 
Produkte. 
10. Der Landarbeiter habe nichts von den Zöllen, da der 
Landwirt die Mehreinnahmen lediglich als Privatrente betrachte 
und die Arbeiter keinen Anteil haben. 
Zu den einzelnen Punkten ist folgendes zu erwidern: 
Zu J. 
Ausschlaggebende Bedeutung der Ertragshöhe. 
nicht der Anbauflüche. 
Durch den Ausfall von Rußland, Rumänien und anderen 
Ländern ist die Anbaufläche um 84 Progzent im Jahre 1924 gegen 
1913 zurückgeblieben; das Ernteergebnis um 25 Progent. Die 
Anbauͤstatistiken für dieses Jahr aber melden eine Mehranbau— 
fläche gegen 1924 von rund 3 Millionen Hektar in übersee. Es 
fehlen somit an reiner Anbaufläche in diesem Jahre nur noch 
324 Prozent gegen den Gesamtweltanbau im Frieden. Ame— 
rika, Kanada, Australien hatten ihre Anbauflächen im Kriege 
um rund 18 Millionen Hektar erhöht. Diese Anbauflächen wur— 
den aber im vorigen Jahre um 6 Millionen Hektar eingeschränkt, 
in diesem Jahre, wie oben, wieder um 3 Millionen Hektar erhöht. 
Diese Erhoͤhung der Anbaufläche kommt natürlich jetzt für die 
Ausfuhr mehr in Frage. Bei einem Ertrag von 10 Doppel⸗ 
zentnern je Hektar beträgt also die Ernte dieser Neuflächen 150 
Millionen Doppelzentner, gegen 114 Millionen Doppelzentner 
Getreide, die einst Ost- und Südeuropa als Ausfuhrüberschuß 
hergab. Nach Ssering hat sich aber die Bevölkerung in der Wellt 
seit zehn Jahren um 10 Prozent — 50 Millionen Menschen ver⸗ 
mehrt. Gach anderen Statistiken um 4,8 Progent, also nur 28 
Millionen.) Für diese 50 Millionen Menschen sind 100 Millionen 
Doppelzentiner Getreide notwendig. Es würden unter Ansehung 
der allgemein gesunkenen europäischen Nachkriegsernten 30—60 
Millionen Doppelzentner gegen die Vorkriegsernährung fehlen. 
Die Anbaufläche steigt aber ständig weiter; Rußland und Süd— 
europa werden in vielleicht nicht zu ferner Zeit wieder als Üüber— 
schußländer auf den Markt kommen. Die reinen Anbaustatistiken 
besagen heute herzlich wenig. Wenn auch Deutschland mit seiner 
in der Welt heute anerkannt führenden Landwirtschaft die größte 
Intensität aufweist — Deutschland verbraucht heute von einer 
Million Tonnen reinem Stickstoff Gesamtweltproduktion allein . 
— so ist die Intensität durch Zuhilfenahme von Technik und
	        
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