Full text: Tote und lebendige Wissenschaft

42 
rungen an die Stelle der alten, verlorenen und zerstörten ge 
setzt — allerdings Gliederungen, die nur vorläufig und wild 
gewachsen sind, statt der planmäßigen in früherer Zeit. Der 
gleichmacherisch-atomistische Wettbewerb hat nirgends ein völlig 
atomistisches Nebeneinander, noch völlige Freiheit der Teile 
hervorbringen oder erhallen können, sondern überall zu 
sammenfassende Bindung und Gliederung bewirkt"^). 
Der Wechsel dieser Wirtschaftsformen ist nicht von mecha 
nischen Entwicklungsgesetzen gleich dem Mürrischen „Kon 
zentrationsgesetz" abhängig, denn solche Kausalgesetze gibt es 
in keinem Sinne; sondern von der Art der Ziele, denen die 
Wirtschaft dient, vom Geist der Wirtschaft und des Lebens 
selbst. Je mehr diese Ziele in einem Zeitalter sehr gleichartig 
und einheitlich sind, tritt ständische Bindung ein, je mehr sich 
diese Einheit in individualistische Zersplitterung auflöst, um 
so mehr herrscht kapitalistische Regelung. Mit anderen Worten: 
In ihrem geistigen Gefüge individualistisch gerichtete Zeit 
alter bringen eine zersetzende kapitalistische Wirtschaft, uni 
versalistisch gerichtete Zeitalter eine ständisch gebundene Wirt 
schaft hervor. — Dabei ist allerdings zu bedenken, daß Maß 
und Inhalt des betreffenden „kapitalistischen" Zeitalters je 
weils mit dem geistigen Inhalte der Zeiten gründlich wechselt; 
aber das Stichwort „Kapitalismus" gibt doch die ausgesprochene 
Richtung der Wirtschaftsweise — d. h. den Zug zu indi 
vidualistischer Wirtschaftsgestaltung zutreffend an. Auch 
die ständischen Wirtschaftsformen haben ja nicht überall den 
selben geistigen noch technischen Gehalt und Charakter. 
Es gereicht mir zur Beruhigung, daß unabhängig von 
mir und von rein wirtschaftsgeschichtlichen Voraussetzungen 
heraus der Privatdozent an der Wiener Universität Theodor 
i) st. a. O., in der 1. Aufl. S. 246 f., jetzt S. 259.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.