Full text: Wichtige Aufgaben der materiellen Fürsorge

Vorwort. 
Durch die Reichsfürsorgepflichtverordnung vom 13. Februar 
1924 und die dazu ergangenen Ausführungsbestimmungen der Län 
der, nicht zuletzt durch die unter dem 4. Dezember 1924 erlassenen 
Reichsgrundsätze über Voraussetzung, Art und Maß der Fürsorge 
sind die jahrelangen Bestrebungen aller an der Wohlfahrtspflege in 
teressierten Kreise, ein einheitliches formelles und materielles Für 
sorgerecht zu erhalten, zunächst zum Abschluß gelangt. Jetzt gilt es, 
die Bestimmungen des Gesetzes auf die vielgestaltigen Verhältnisse 
und Bedürfnisse der Praxis so zur Anwendung zu bringen, daß die 
Hauptziele jeder Wohlfahrtspflege, Einheitlichkeit im Aufbau bei freier 
Beweglichkeit in der Fürsorge und ausreichende Hilfe bei strenger 
Wirtschaftlichkeit, voll zur Geltung kommen. Nach den ruhelosen 
Kriegs- und Nachkriegszeiten und dem völligen Niedergang der Für 
sorge während der unseligen Jnflationsperiode muß den Fürsorge 
organen jetzt die Ruhe zur inneren Sammlung gewährt werden, die 
sie zum wirtschaftlichen Aufbau und Ausbau der Wohlfahrtspflege be 
fähigt. Bor allem muß jetzt endlich einmal die Gesetzgebungsmaschine 
zum Stillstand gebracht werden; denn auch die erfahrensten Kenner 
der vielgestaltigen Zweige unseres modernen Fürsorgerechtes sind 
bald nicht mehr in der Lage, sich in all den vielen Gesetzen und Aus 
führungsbestimmungen zurecht zu finden. Man ist allerdings heute zu 
leicht bereit, nach gesetzlicher Regelung zu rufen, wenn sich in der 
Praxis da und dort bei der Durchführung einzelner Aufgaben Schwie 
rigkeiten ergeben. Ob da wohl nicht oft eine gewisse Bequemlichkeit 
oder Gedankenlosigkeit die Ursache zu solchen Notschreien bilden? 
Gesetze sind doch letzten Endes nur dort erforderlich, wo der Strom 
des vielbewegten Lebens sich übermächtig über die Grenzen seines 
natürlichen Bettes hinaus ergießt. Diesen Strom im Einvernehmen 
mit allen Nächstbeteiligten zu regeln und ihren Bedürfnissen ent 
sprechend zu leiten, ist eine vornehmliche Aufgabe der Verwaltung. 
Freilich zeigt unsere Zeit noch manche Mängel, die der ruhigen 
Fortentwicklung gerade der Wohlfahrtspflege sehr hinderlich sind. 
Wir haben zwar in der Reichsfürsorgepflichtverordnung ein formelles 
Fürsorgerecht, bestimmt zur einheitlichen Gestaltung der Fürsorge 
behörden. Trotzdem besteht in praxi noch an vielen maßgeblichen 
Stellen eine völlige Zerrissenheit im Aufbau der Behörden, nicht zu 
letzt bei den Landesfürsorgeverbänden. Wir haben zwar die gesetz-
	        
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