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Die jüngste bedeutendste Industrie in Bayern hat sich
in München auch niedergelassen und läßt auf eine baldige Groß
industrie rechnen: Die „Flugzeugindustrie“. In einer kurz er
scheinenden Zeit hat der bescheidene Anfang dieser Industrie
erreicht, daß heute bereits Flugmaschinen in allen Einzelhei
ten, Motoren, Propeller und Tragflächen in den Münchener
Flugmaschinen-Werken Gustav Otto selbst herge
stellt werden, dabei aber Fabrikate darstellen, die sich den be
sten anderen, wie die Erfolge Lindpaintners und Baierleins
zeigen, ebenbürtig erwiesen haben.
Trotz der ungünstigen Produktionsbedingungen hat also
die Entwicklung der Maschinen- und Eisenindustrie in Mün
chen verschiedene Spezialbetriebe gezeitigt, deren Namen heute
zu den ersten Firmen der heimischen Industrie gezählt werden
dürfen. Wir haben versucht uns in den vorhergehenden Ausfüh
rungen einen Überblick zu verschaffen über die Entwicklung
und den heutigen Stand der Maschinen- und Eisenindustrie in
München. Außerordentlich vielfältig ist die Tätigkeit der ein
zelnen Betriebe, die Tausende von Menschen beschäftigen und
erst Farbe und Gestalt gewinnen durch die Menschen, die in
ihrem Rahmen tagaus tagein ihre Arbeit zu verrichten haben.
Je tiefer man in das Wesen dieser Jndustrie eindringt, um so
deutlicher empfindet man den Wert der Einzelnen. Von weitem
gesehen verschwinden diese Menschen, die innerhalb der In
dustrie heute das Münchener Wirtschaftsleben so ungewöhn
lich stark beeinflussen, für den flüchtigen Beschauer nur zu
sehr zu einer in sich geschlossenen, scheinbar vollständig gleich
artigen, unterschiedslosen Masse. Je näher man aber zusieht,
um so stärker differenziert sich die Masse, um so mehr löst
sie sich auf in Einzelpersonen, von denen jede an ihrem Teile
zum Gedeihen des Unternehmens wesentlich beiträgt. Freilich,
wie weit die Lust und Liebe zum Beruf, die Hingabe an die
Tätigkeit, die er sich gewählt hat, die Leistungsfähigkeit des
Arbeiters beeinflußt, läßt sich zahlenmäßig nicht feststellen.
Von einem einsichtsvollen Fabrikanten wurde uns bei dieser
Gelegenheit gesagt, daß bei der überall durchgeführten Maschi
nisierung und Spezialisierung des Produktionsprozesses und
dem allseits herrschenden Akkordlohn, die Interessen des Ar