Full text: Die oberschlesische Kohlen- u. Eisenindustrie

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Mit den Ländern der Donaumonarchie hat Oberschlesien 
seit jeher in engsten wirtschaftlichen Beziehungen gestanden, be 
sonders wurden oberschlesische Eisenprodukte, als Puddelrob- 
eisen, Gusiwaren wie Röhren, Handelswalzeisen, Eisenbahn 
schienen, feine Bleche und Walzdraht in Österreich-Ungarn ein 
geführt, obgleich für die letzten Erzeugnisse beträchtlich hohe 
Zölle bestanden. Die aufblühenden Eisenindustrien Steier- 
marks und Kärtnens riefen Anfang der 1870er Jahre laut 
um Schutz .gegen diese fremde Einfuhr, und- die damals all 
gemein einreißende Jndustrieerziehungspolitik unterstützte ihre 
Forderung^). Der freihändlerische Handelsvertrag vom 9. März 
1868 wurde gekündigt, und 1878 ein autonomer Zolltarif ge 
schaffen, der besonders die Eisenzölle stark erhöhte. Zwar kam 
am 23. Mai 1881 mit dem Deutschen Reich ein Handelsvertrag 
zustande, der 1887 erneut verlängert wurde, aber er enthielt nur 
das Prinzip-der. Meistbegünstigung ohne Tarifbindung, war also 
autonom. Unter den hohen Zollsätzen ging die oberschlesische 
Eiseneinfuhr rasch zurück und beschränkte sich schließlich auf die 
jenigen Produkte, die in Österreich-Ungarn nicht hergestellt wur 
den, z. B. feine Bleche und Draht. 
Die hohen Schutzzölle nutzten die österreichischen Eisen 
industriellen aus^), indem sie sich kartellierten und nun darnach 
strebten, die höchsten Preise zu erlangen, die nach Maßgabe der 
ausländischen Konkurrenz soivie der Zoll- und Frachtverhältnisse 
überhaupt zu erlangen waren. So wurde der Jnlandsmarkt 
der nationalen Eisenindustrie gesichert, aber durch die wucherische 
Politik des Eisenkartells der Konsum gedrückt und die gesamte 
gewerbliche Entwicklung Österreich-Ungarns empfindlich ge 
hemmt. Der Handelsvertrag vom 6. Dezember 1891 mit dem 
Deutschen Reich, der neben dem Meistbegünstigungsprinzip auch 
die feste Zollbindung enthielt, brachte einige geringe Zoll- 
durch ihre andauernde politische Gegnerschaft verstärkt. Eine recht, 
zeitige Nachgibigkeit auf beiden Seiten erscheint uns deshalb un 
bedingt notwendig, soll der politische Frieden erhalten werden. 
1s Wittschewsky, S. 359. 
2) Außerdem wurden sie in der Begründung industrieller 
Unternehmungen durch Befreiung von allen Steuerzuschlägen sowie 
durch Darlehen aus staatlichen Landesindustriefonds gefördert, s. a. 
Handelsbericht s. Konsulats Lemberg 1909, S. I, No. 353, März 1911.
	        
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