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Voraussetzung, daß der Klodnitzkanal auf die gleiche Leistungs
fähigkeit gebracht würde. Nicht die Eisenbahntarifpolitik, son
dern der Ausbau der Klodnitz-Oderftraße sollten die oberschlesi
schen Industriellen in den Mittelpunkt ihrer verkehrspolitischen
Jntereistn stellen.
Wir behaupten jedoch, daß die „Verkehrsnot" nicht das
Ursächliche der Schwierigkeiten der oberschlestschen Montanin
dustrie ist, daß sie vielmehr bis heute irrtümlich dafür angesehen
worden ist 1 ). Auch größere wissenschaftliche Arbeiten haben in
der Verkehrsfrage den Hauptschlüssel der Jndustrienöte Ober
schlesiens erblickt. Wir glauben die Lösung auf anderen Gebie
ten zu finden. Auch weisen wir der neuerdings wiederbringend
gewordenen Arbeiterfrage der oberschlesischen Kohlen- und Eisen
industrie größte Wichtigkeit Zu. Sie muß möglichst bald in
nationalem Sinne gelöst werden. In Hinblick auf das nicht
mehr ferne Erlöschen der deutschen Handelsverträge mit den
für die oberschlesische Montanindustrie in Frage kommenden
fremden Staaten wird uns endlich auch die auswärtige Handels
politik beschäftigen, indem wir untersuchen werden, inwiefern
sie zur Gesundung der Wirtschaftslage der Kohlen-Eisenindustrie
Oberschlesiens beitragen kann.
Das oberschlestsche Steinkohlenbecken^) gehört zu dem etwa
6000 Quadratkilometer bedeckenden Kohlengebirge, das sich vom
rechten Ufer der oberen Oder nach Osten und Südosten bis zu
den nördlichen Karpathenausläufern und nach Russisch-Polen
hinzieht und von mächtigen Ablagerungen der Triasformation,
besonders Buntsandstein, Muschelkalk und jüngeren Schichten
(Tertiär und Diluvium) bedeckt ist. Von dem Kohlenbecken
entfallen auf Oberschlesien rund 3600 Quadratkilometer, wovon 1 2
1) So z. B. I. v. Renauld, B. Kosmann, A. Friedrich, Th.
Sehmer, u. a. m., vor allem aber die Denkschriften des Vereins.
2) Nach R. Nasse, „Eisenhüttenwesen 1912", H. Solger, A.
Miethe, S. 68 ff., Fr. Frech, S. 21—49. W. Neumeister, „Coal Resou-
668", S. 906—922. Williger, Zeitschr. des Vereins 1903, S. 253.