Full text: Der Wirtschaftskrieg

I V. Deutsches Reich. 
1. Rechtsgrundlagen der Maßnahmen. 
Gesetz über die Ermächtigung des 
Bundesrates zu wirtschaftlichen Maßnahmen 
und über die Verlängerung der Fristen 
des Wechsel- und Scheckrcchts im Falle 
kriegerischer Ereignisse. Vorn 4. August 1914 
(R.-G.-Bl. S. 327.) 
8 1. Wird in Veranlassung kriegerischer Ereig 
nisse die rechtzeitige Vornahme einer Handlung, deren 
es zur Ausübung oder Erhaltung des Wechsel- 
rechtes oder des Regreßrechtes aus dem Scheck be 
darf, durch höhere Gewalt verhindert, so verlängern 
sich die für die Vornahme der Handlung vorge 
schriebenen Fristen um soviel als erforderlich ist, um 
nach Wegfall des Hindernisses die Handlung vor 
zunehmen, mindestens aber bis zum Ablauf von 
sechs Werktagen nach dem Wegfall des Hindernisses. 
Als Verhinderung durch höhere Gewalt gilt es 
insbesondere: 
1. wenit der Ort, wo die Handlung vorge 
nommen werden muß, vom Feinde beseht ist; es sei 
denn, daß sie bei Anwendung der im Verkehr er 
forderlichen Sorgfalt trotzdem bewirkt werden kann; 
2. wenn die zwecks Herbeiführung der Hand 
lung zu benutzende Postverbindung derart unter 
brochen ist, daß ein geregelter Postverkehr nicht mehr 
besteht. 
8 '*♦ Unbeschadet der Vorschrift des § 1 kön 
nen die dort bezeichneten Fristen im Falle kriegeri 
scher Ereignisse durch kaiserliche Verordnung mit 
Zustimmung des Bundesrates für das gesamte 
Reichsgebiet oder für Teile des Reichsgebietes um 
einen bestimmten Zeitraum verlängert werden. 
Diese Vorschrift findet aus die Schutzgebiete mit 
der Maßgabe Anwendung, daß es der Zustimmung 
des Bundesrates nicht bedarf. 
8 3. Der Bundesrat wird ermächtigt, während 
der Zeit des Krieges diejenigen gesetzlichen Maß- 
prahmen anzuordnen, welche sich zur Abhilfe wirt 
schaftlicher Schädigungen als notwendig erweisen. 
Diese Maßnahmen sind dem Reichstag bei 
seinem nächsten Zusammentritt zur Kenntnis zu 
bringen und aus sein Verlangen aufzuheben. 
8 4. Dieses Gesetz tritt mit seiner Verkündi 
gung in Kraft. Der Zeitpunkt, in dem das Gesetz 
außer Kraft tritt, wird durch kaiserliche Verordnung 
mit Genehmigung des Bundesrates bestimmt. 
Verordnung über die Zulassung von 
Strafbefehlen bei Vergehen gegen Vor 
schriften über wirtschaftliche Maßnahmen. Voiu 
4. Juni 1915 (R.-G.-Bl. Nr. 70, S. 325). 
Der Bundesrat hat auf Grund des 8 3 des Ge 
setzes über die Ermächtigung des Bundesrats zu wirt 
schaftlichen Maßnahmen usw. vom 4. August 1914 
(R.-G.-Bl. S. 327) folgende Verordnung erlassen: 
8 1. Bei Vergehen gegen Vorschriften, die auf 
Grund des 8 3 des Gesetzes über die Ermächtigung 
des Bundesrats zu wirtschaftlichen Maßnahmen usw. 
vom 4. August 1914 (R.-G.-Bl. S. 327) ergangen sind 
oder noch ergehen und keine schwerere Geldstrafe als 
Gefängnis bis zu einem Jahre, allein oder in Verbin 
dung mit Geldstrafe und Einziehung oder einem von 
beiden androhen, kann die Strafe durch Strasbcsehl 
des Amtsrichters festgesetzt werden. 
Sachen, in denen der Antrag auf Erlaß des Straf 
befehls gestellt ist, gelten als zur Zuständigkeit der 
Schöffengerichte gehörig. Auf das Verfahren finden die 
88 447 bis 452 der Strafprozeßordnung mit der Maß 
gabe Anwendung, daß der Antrag auf Erlaß des Straf 
befehls von dem Staatsanwalt zu stellen ist. 
8 2. Diese Verordnung tritt mit dem Tage der 
Verkündrrng in Kraft. 
(Ausgegeben zu Berlin den 6. Juni 1915.) 
2. Zahlungsverbote. 
Zahlungsverbot gegen England. 
Eine Bekannturachung des Stellvertreters des 
Reichskanzlers vom 30. September 1914 lautet: 
Der Bundesrat hat auf Grund des 8 3 des Ge 
setzes über die Ermächtigung des Bundesrates zu 
wirtschaftlichen Maßnahmen usw. vom 4. August 1914 
(R.-G.-Bl. S. 327) im Wege der Vergeltung fol 
gende Verordnung erlassen: 
8 1. Es ist bis auf weiteres verboten, Zahlungen 
nach Großbritannien und Irland oder den britischen 
Kolonien und auswärtigen Besitzungen mittelbar 
oder unmittelbar in bar, in Wechseln oder Schecks, 
durch Überweisung oder in sonstiger Weise zu leisten, 
sowie Geld oder Wertpapiere mittelbar oder unmit 
telbar nach den bezeichneten Gebieten abzuführen 
oder zu überweisen. 
Leistungen zur Unterstützung von Deutschen blei 
ben gestattet. 
8 2. Schon entstandene oder noch entstehende 
vermögensrechtliche Ansprüche solcher natürlicher oder
	        
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