69
verantwortlich zu machen sind. Es geht nicht an, daß die Oeffentlichkeit immer
wieder über Landarbeiterstreiks aufgeregt wird. Ich weiß, was die Herren
wollen. Sie glauben eben, die Regierung könne nichts zum Schutz der Land
arbeiter tun, weil sie auf die Hilfe der Landwirte angewiesen sei, weil die
Landwirte sonst nichts mehr abliefern würden.
Ich erkläre nochmals, daß wir bereit sind, in dieser Beziehung zu ver-i
handeln; aber das Recht der Arbeiter lassen wir auch
von den pommerschen Landjunkern uns nicht streitig
m a ch e n. Wir hoffen und wünschen, daß es uns auch hier wie anderwärts
gelingt, zu Verhandlungen zu kommen, und daß uns auch das künftige Ernte
jahr vor größeren Erschütterungen der Landwirtschaft verschonen wird.
Run muß ich noch eine Frage betonen. Es wird immer gesagt, die Tarif
verträge müßten eingehalten werden. Ganz richtg, das gilt für normale
Zeiten. (Lebhafter Widerspruch bei den Deutschnationalen.) Gestatten Sie,
lassen Sie mich doch mal ausreden. Ich sage, das gilt für normale Zeiten;,
heute aber haben wir anormale Zeiten. Gestern fand eine Verhandlung statt,
wo Sie Forderungen stellten, was Sie für die Tonne Roggen und für die
Tonne Weizen bezahlt haben wollen, und dann erklärten dort
Vertreter der Landwirtschaft, die Arbeiter müßten
gezwungen werden, zu einem bestimmten Satz zu ar -
b eiten. Wenn ich das ausgesprochen habe, so habe ich es gesagt mit Rück
sicht auf die herrschenden Zustände, wo wir es künftig mit laufenden Preis
erhöhungen zu tun haben werden. Glauben Sie, daß die Ar
beiter mit Löhnen zufrieden sein können, die im Ja
nuar abgeschlossen sind und die noch im Dezember
desselben Jahres gelten sollen? (Zurufe bei den Deutsch
nationalen: Rein!) Ich sage, auf diesen Boden muß man sich stellen. Ge
statten Sie nochmals, daß ich einen Namen erwähne, den des Herrn von der
Osten, der in einer Rede ausführte, es wäre nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch
und nach der Landarbeiterordnung gültig, was in den Tarifverträgen stehe,
und das würde von den Arbeitern nicht eingehalten. Wenn die Tarifverträge
abgeschlossen worden sind im Sommer des Jahres, und im Laufe des Jahres
ist die enorme Steigerung für alle Produkte eingetreten, besonders für Schuh
werk und Kleidung, dann können Sie es den Landarbeitern
nicht verargen, daß sie Nachforderungen stellen. Ich
habe gestern mit einem schätzenswerten Mitglied dieses Hauses gesprochen,
welches meinte, wir würden dazu kommen müssen, die Tarifverträge viertel
jährlich zu begrenzen und dann wieder zu Verhandlungen zusammenzutreten.
Wenn Sie verlangen, daß man die Kohlen preise als
Index fürdie Getreidepreise behandelt, dann müssen
Sie auch den Arbeitern gestatten, daß sie auch so ihre
Löhne bewertet haben wollen. (Sehr richtig! bei den Sozdem.)
Das verlangen wir, und damit sind gewiß nicht nur meine Freunde von der
Sozialdemokratie einverstanden, sondern wohl alle,: welche das Wirtschafts
leben kennen. Aber man kann nicht zu einem Resultat kommen, wenn in
der Presse über jeden Fall, der auf einem Gut passiert, daß die Leute mal aus
diesem oder jenem Grunde die Arbeit niederlegen, gewaltiger Lärm geschlagen
wird. Man muß versuchen, die Sache im Verhandlungswege zu schlichten,
und ich glaube, daß alle, die schon bei Verhandlungen zwischen Arbeitgebern
und Arbeitnehmern zusammengesessen haben, wissen werden, daß wenn es
manchmal auch heiß hergegangen ist, doch zum Schluß immer ein Resultat
herausgekommen ist. Auf diesen Boden muß sich auch die pommersche Land
wirtschaft stellen, wie es anderwärts der Fall ist, dann wird man auch in