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große Mengen deutscher Zahlungsmittel ins Ausland, während
andererseits wegen des Mangels an den bisher dazu benutzten
Metallen die Herstellung neuer Scheidemünzen in der bisherigen
Art nicht' vorgenommen werden konnte. Man hätte unter diesen
Amständen in den besetzten Gebieten zur Ausgabe eigener Zahlungs
mittel schreiten bzw. viel mehr als früher mit Requisitionsscheinen
zahlen und die Mitnahme und Verausgabung deutscher Zahlungs-
mittel viel strenger verbieten sollen. Aber die Verwendung der
Banknoten für diese Zwecke kam zum Teil dem Interesse des
Staates an der Benutzung der Notenpresse entgegen, während sie
andererseits den in den bisherigen Deckungsvorschriften wurzelnden
allgemeinen Anschauungen unerwünscht erscheinen mußte. So kan:
es zu dem Dilemma, daß während auf der einen Seite der Abfluß
von möglichst viel Banknoten aus Deutschland vorteilhaft erscheinen
mußte, weil das Ausland damit eine unverzinsliche Schuld Deutsch
lands annahm, das Interesse der Notenbank als Schuldnerin
in entgegengesetzter Richtung ging. Aber wir wissen jetzt — und
das ist ein Erkenntnis von allergrößter Wichtigkeit —, daß es nicht
auf das Verhältnis der Zahlungsmittelmengen zu den Gütermengen
ankommt, sondern ausschließlich auf die Geldvermehrung im
abstrakten Sinne auf der einen Seite, die Steigerung der im
Tauschverkehr erzielten Erträge auf der anderen Seite. Mit
anderen Worten: das wirtschaftliche Problem ist auch hier, wie
überall, ein typisch Dynamisches, hat Bewegungserscheinungen
zu erfassen, und man erkennt, wie sehr die Theorien der Quantitäts
nationalökonomen wie Clark, Schumpeter u. a. in die Irre gehen,
die die Volkswirtschaft in einem statischen Zustande betrachten
wollen.
Für die Probleme der Geldvermehrung ist die Frage des
größeren Bedarfs an Zahlungsmitteln im Kleinverkehr ohne Be
deutung. Denn eine Inflation wird durch Vermehrung der Scheide
münze nicht leicht herbeigeführt werden können. Aber auch die Aus
gabe von privatem Notgeld, die zu Beginn des Krieges und
auch jetzt wieder in großem Amfange erfolgt ist, hat unter so un-
wöhnlichen Verhältnissen, wie wir sie in diesen: Kriege hatten,
keinerlei Bedenken. Sie helfen dem lokalen Kleingeldmangel ab,
der zu Beginn des Krieges durch staatliche Maßnahmen gar nicht
zu vermeiden gewesen wäre, und zirkulieren in einem beschränkten
Kreise. Die juristischen Erörterungen darüber, ob dieses Notgeld