Full text: Wirtschaft als Leben

Begleitwort. 
XXV 
Schaft, daß sie gleich dort einsetzen, wo die Naturwissenschaft erst 
ganz zum Schluß hingelangt: bei der Möglichkeit, über das Erfahrbare 
nach dem Satz vom zureichenden Grunde denken, in diesem Sinne 
also Zusammenhang bejahen zu können. Das Suchen nach „Gesetzen“ 
ist somit bei uns unbewußte Schaumschlägerei. Dagegen bleibt es unseren 
Wissenschaften auferlegt, daß sie an letzter Stelle den Allzusammen 
hang des Erlebten auch begrifflich wahrmachen; das gelingt aber jeder 
der Fachwissenschaften nur einseitig, und jeder wieder nur in anderer 
Einseitigkeit. Jedenfalls schneidet da, vom Gegensatz im Modus der 
Erfahrung her, die Trennung zwischen den beiden Gruppen ganz ohne 
Pardon ein. Zwar steht es uns als Denkenden immer frei, in der genau 
gleichen Richtung die Wirklichkeit einmal als „Fakten“, dann wieder 
als „Daten“ in unser Denken zu übernehmen. Damit ist jedoch die 
Entscheidung über alles Weitere schon gefallen. Auf der Unterlage 
von „Fakten“ kann ich niemals Naturwissenschaft treiben, auf der 
Unterlage von „Daten“ niemals Sozialwissenschaft. 
Jenen alles entscheidenden Gegensatz im Modus der Erfahrung 
kleidet nun der zweite Aufsatz in eine ganz schlichte Formel: Unsere, 
die Schicksalswissenschaften — um diesen späteren Ausdruck zu ge 
brauchen — halten es mit dem „natürlichen“ Denken; das ist jene 
Denkweise, mit der zugleich auch die Sprache aufgewachsen ist. Hier 
wird das anschaulich Erlebte gleich bei seinem selber erlebten Zu 
sammenhang ins begriffliche Denken übernommen. Demgegenüber 
nimmt sich das naturwissenschaftliche als ein „künstliches“ Denken 
aus; denn hier wird das anschaulich Erlebte, ausdrücklich unter Ab 
straktion von seinem ureigenen Zusammenhang, nur als eine Mannig 
faltigkeit begrifflich eingedacht, in Gestalt der zeitlich-räumlichen Ab 
folgen sinnlicher, der zeitlich-persönlichen Abfolgen seelischer Erschei 
nungen. Eine höchst gewaltsame Abstraktion greift hier ein, die bloß 
uns Genossen einer „materialistisch“ gerichteten Zeit so leicht fällt, 
daß wir ihre fallweise Übung wie ein Selbstverständliches empfinden. 
Frühere Zeiten hätten die Künstelei dieses Denkens heftig empfunden, 
und den Ostvölkern bleibt sie heute noch fremd. Diese Abstraktion 
dient auch gar nicht dem Streben nach Wahrheit — obwohl auch noch 
der Wahnglaube hier ins Bild stimmt, man müsse so denken, um über 
haupt wissenschaftlich zu denken. Sie dient nur dem Streben nach 
Richtigkeit, nach Erfolg beim Handeln. Dieses „künstliche“ Denken 
der Naturwissenschaft ist eben bloß die folgerichtige und höchste 
Läuterung technischen Denkens. 
Ob nun jene schlichte Formel auch den Philosophen von Fach 
befriedigt — den Fachwissenschaftler braucht dies nicht weiter zu be
	        
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