Einleitung.
Die Rolle nämlich, welche, im allgemeinen gesprochen, die soge
nannte Wertlehre in unserer Wissenschaft zu spielen hat, müßte die
einzelne „Werttheorie“ für sich allein übernehmen und durchspielen,
wenn anders sie ihren Zweck erreichen will. Die einzelne „Werttheorie
hätte also jeweils für die ganze „Wertlehre“ einzutreten, und nach der
Ansicht und Überzeugung ihres Schöpfers tut sie es auch. Es ist dabei
gleichgültig, in welchem Grade der einzelne Theoretiker den Inhalt
und die Ergebnisse der bereits vorhandenen „Werttheorien“ bei der
Schöpfung seiner eigenen beachtet oder auch geradezu verwendet.
Gleichgültig also, in welchem Verhältnisse er einerseits Neues erbringt,
andererseits aber dem Alten, der bisherigen „Wertlehre“ zu Lehen
steht: Liegt seine eigene „Werttheorie“ erst einmal fertig vor, dann
stellt sie eine in sich geschlossene Einheit dar, die nach der Ansicht
ihres Schöpfers alle vorherigen „Werttheorien“ entbehrlich, alle künf
tigen überflüssig macht; seiner subjektiven Anschauung gemäß waren
die ersteren ebensoviele Umwege der Erkenntnis, während die letzteren
ebensoviel Abwegen der Erkenntnis gleichkämen. Die „Wertlehre“ ist
somit ein aus vielen Teilen, den „Werttheorien“ zusammengesetztes
Ganze, von denen schon jeder einzelne nach der Anschauung seines
Schöpfers das Ganze aufwiegt.
Dem unbeteiligten Dritten aber muß die sogenannte Wertlehre
als ein Ganzes erscheinen, das aus lauter Teilen besteht, die sich in
haltlich untereinander ausschließen. Denn unter den ge
schilderten Umständen liegt es in der Natur der sogenannten Wert
theorien, daß jede einzelne von ihnen Geltung und Anerkennung an
Stelle aller übrigen für sich in Anspruch nimmt, und darauf auch
in aller Zukunft auch ihren Nachfolgerinnen gegenüber nicht ver
zichtet Es tritt daher in der Tat als eine unvermeidliche Wirkung
ein, daß jeder solche Beitrag zur „Wertlehre“ die vorhandenen Gegen
sätze in ihr noch mehrt, die Verwirrung steigert.
Unser Neuling hätte nun ein vortreffliches Mittel zur Hand, um
sich über das Absonderliche, Eigenartige dieser Sachlage klar zu
werden. Bisher hat er nur über die Form Einsicht erlangt, in welcher
die sogenannte Wertlehre ein Gebiet in der Wissenschaft vorstellt;
nicht auch über ihren Inhalt. Möge er doch nun in dieser Hinsicht
sein Glück versuchen. Da wird er finden, daß die sogenannte Wert
lehre — so lehrreich sie in einem anderen Sinne ist, das will sagen,
folge aber dem häufigsten Sprachgebrauch, wenn mir das unpersönliche Ganze, der In
begriff, als die sogenannte Wertlehre gilt, einer jener Teile persönlichen Charakters aber,
ein Mit-Inbegriffenes also, als sogenannte Werttheorie.