1. Die Verhältnisse auf dem Warenmärkte.
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welcher alle ergriffen hat. Jeder will die günstige Konjunktur aus
nützen, keiner will hinter dem anderen Zurückbleiben. Nur wenige
denken an einen Umschwung der Dinge und wer daran denkt, kann
sich dieser allgemeinen Erregung, welche alle ergriffen hat, nur sehr
schwer entziehen.
Im umgekehrten Sinne verhält sich dann alles, wenn die Kon
junktur umschlägt und die Entwicklung nach unten geht. Dann kann
man genau das entgegengesetzte Bild beobachten. Bestellungen, Pro
duktionsleistungen, Preise, Gewinne und Löhne gehen zurück, die
Arbeitslosigkeit nimmt zu, an der Börse vollziehen sich wichtige
Änderungen, das Vertrauen in die wirtschaftlichen Verhältnisse, der
Gedanke an einen baldigen Wiederaufschwung scheint wie aus-
gelöscht!).
Diese hier kurz skizzierten Symptome der Hausse- und De
pressionsperioden sollen also im folgenden für die Zeit von 1896 bis
1913 etwas eingehender dargestellt werden.
2. Die Verhältnisse auf dem Warenmärkte.
Wenn, wie oben betont, der wichtigste und wesentlichste Unter
schied zwischen den Zeiten der Hochkonjunktur und Depression in
dem Wirtschaftsleben eines Landes darin besteht, daß in der ersteren
dasselbe stärker pulsiert, daß mehr und intensiver auf allen Ge
bieten gearbeitet wird, so müssen sich die Unterschiede beider Perio
den vor allem darin zeigen, daß in ihnen wesentliche Verschieden
heiten in der Größe des Güterumsatzes, in Produktion und Kon
sumtion, stattfinden.
Der Mangel einer brauchbaren, für einen längeren Zeitraum
zurückreichenden Produktionsstatistik macht es für kein Land mög
lich, auf einer solch genauen zahlenmäßigen Unterlage diese Wand
lungen in der Produktion im Laufe der Konjunkturänderungen
zu betrachten. Eine umfassendere Produktionsstatistik besitzen nur
die Vereinigten Staaten von Amerika und Großbritannien, die
ersteren für die Jahre 1900 und 1910, Großbritannien für das
Jahr 1907. Die Ergebnisse einer neuen englischen Erhebung für
das Jahr 1912 sind noch nicht zugänglich. Es sind also nur einzelne
wenige Jahre, für welche solche Erhebungen vorliegen, so daß man
sie für die Zwecke des vorliegenden Problems nicht gebrauchen
kann. Während die beiden eben genannten Staaten in ihrer Produk
tionsstatistik die ganze gewerbliche Produktion des Landes zu er
fassen suchten, bewegt sich die deutsche Produktionsstatistik in
U Diese psychologischen Momente bei der Konjunkturbildung hat Röpke
a. a. 0. besonders eingehend dargestellt.