174 Vierter Abschnitt. Konjunkturprognose und Konjunkturpolitik.
Ans der Wollproduktion 1 ) berichten die Untersuchungen des
Ver. f. Sp., daß die Betriebseinschränkungen zu höheren Spesen und
zu einer Verteuerung der Produktion geführt haben. Aus der Papier
fabrikation 2 ) hören wir, daß der Betrieb der Zellulosefabrikation
eine möglichste Ausnutzung der Anlagen erfordere, da sonst die
Generalunkosten ins „Ungemessene“ stiegen. Hier haben wir cs
also bereits mit Beispielen zu tun, für welche das oben gegebene
Schema grundsätzlich zutrifft.
„Zwang zur Massenerzeugung, mit anderen Worten: Das
Streben, mit den geringsten Kosten zu produzieren, heißt gleichzeitig
Erschwerung der Produktionseinschränkung. Je stärker und um
fassender der Zwang, desto schneller werden die Kosten durch die
Produktionseinschränkung anwachsen. Kann eine Maschine nicht
voll ausgenutzt werden, läßt man sie langsamer laufen, oder werden
häufiger Pausen eingelegt, so werden die Produktionskosten pro
Mengeneinheit umso rascher wachsen, je mehr die Maschine durch
Anschaffungs- und Betriebskosten belastet ist, die durch Massen
produktion ausgeglichen werden müssen. Werden aber die verschie
denen Produktionsstufen eines Betriebes von solchen Maschinen be
herrscht, so müssen notwendig bei Betriebseinschränkung die Kosten
noch schneller wachsen. Nehmen wir an, ein Stahlwerk arbeite mit
einer modernen Hochofenanlage, leistungsfähigen Konvertern und
außerdem — was allerdings bei uns noch seltener der Fall ist —
mit amerikanischen Walzstraßen, die bei fast automatischem Betrieb
auf eine hohe Produktionsziffer eingestellt sind. Eine Betriebsein
schränkung trifft hier alle drei Stufen der Erzeugung und wird in
folge der hohen Anlagekapitalien und der Kosten der Betriebsbereit
schaft auf jeder eine verhältnismäßig rasche Steigerung der Belastung
der Produkteneinheit verursachen, was eine empfindliche Verteuerung
des Endproduktes zur Folge hat. In einer Textilindustrie dagegen be
lastet die Verkürzung der Produktionszeit aller oder einiger Spinn
maschinen und Webstühle die Produktion in verhältnismäßig ge-
geringerem Maße 8 ).“ Mit dem Gesagten hängt es dann zusammen, daß
der Handel viel weniger unter einem Konjunkturrückgang leidet, als
die Industrie, da der Handel mit viel weniger stehendem Kapital arbeitet
und auch nicht gezwungen ist, eine solch große Zahl von Arbeitern
während einer ungünstigen Konjunktur durchzuhalten, wie es bei der
Industrie der Fall ist.
*) Sehr. d. V. f. Sp. Bd.105, Die Wollindustrie. S. 257.
2 ) Sehr. d. V. f. Sp. Bd. 107, Die Papierindustrie. S. 223.
3 ) Mannstaedt, Ursachen und Ziele des Zusammenschlusses in den
Gewerben. Jena 1916. S. 31.