188 Vierter Abschnitt. Konjunkturprognose und Konjunkturpolitik.
von der Sombart schreibt, daß es die größere Beweglichkeit der
selben ist, die sie dem Unternehmer sympathisch macht. „Da fast
alles Kapital umlaufendes Kapital ist, also fast gar keine Fest
legung bedeutender Kapitalteile erfolgt, so gewährt diese Betriebs
form dem Unternehmer die Möglichkeit, den Umfang seines
Unternehmens in kurzer Zeit nach Belieben auszudehnen oder ein
zuschränken. Der hausindustrielle Unternehmer erleidet keinerlei
positiven Verlust, wenn er plötzlich seinen Arbeitern keine Auf
träge mehr gibt. Es entsteht ihm kein damnum emergens, wie dem
Fabrikanten, dessen fixe Kapitalteile, wenn nicht produktiv ver
wandt, ihm doch Verzinsungs- und Amortisationskosten ver
ursachen“ 1 ).
Est ist also leicht zu verstehen, warum bei einem Rückgänge
der Konjunktur der hausindustrielle Unternehmer ganz anders vor-
gcdien, eine ganz andere Arbeiterpolitik betreiben kann, als der Be
sitzer einer Fabrik, und weshalb gerade Saisongewerbe, also solche
mit periodisch wechselnder Konjunktur, sich für den Verlagsbeitrieb
besonders gut eignen.
Wenn man nun all das Gesagte überschaut und bedenkt, daß
von solcherlei Faktoren das Handeln des Unternehmers im Wandel
der Konjunktur in hohem Grade bestimmt wird, daß aber die in
dustrielle Entwicklung sich in einer Richtung vollzieht, bei der das
Einzelunternehmen in steigendem Maße durch die Aktiengesellschaft
verdrängt wird, und bei welcher das stehende Kapital wesentlich
rascher zunimmt als das umlaufende, so ergibt sich daraus, daß
im Zusammenhänge mit diesen Änderungen auch die Maßnahmen,
welche die Unternehmer im Wandel der Konjunktur einschlagen,
selbst andere werden müssen. Es vollziehen sich hier wichtige Wand
lungen, welche wir gleich noch genauer kennen lernen werden.
All dasjenige, was bis jetzt in diesem Zusammenhänge be
sprochen wmrden ist, bezog sich auf die Politik des Unternehmers
während einer bestimmten Konjunktur. Es war das
nur eine bestimmte Einstellung einer gegebenen Marktlage gegen
über. Es ist nun aber bereits schon eingangs betont worden, als
von dem Normalen im Wirtschaftsleben die Rede war, daß im
Sinne des Regelmäßigen und Durchschnittlichen weder die Hoch
konjunktur, noch die Depression das Normale seien, sondern daß
ganz allein die Tatsache des Konjunktuiwandels, diese Wellen
bewegung im Wirtschaftsleben, auf dieses Prädikat des „Normalen“
Anspruch erheben könne. Das Wirtschaftsleben eines Landes ist
nile im Ruhestande befindlich, es ist aus zahlreichen, inneren und
„ l ) Sombart, Art. Verlagssystem. Handwörterbuch f. Staatswiss.
3. Aufl. S. 234.