18
Erster Abschnitt, Die Erklärungen der Wirtschaftskrisen.
schalt haben also wohl die Unternehmer die Macht, aber nicht
den Willen, die Arbeiter dagegen umgekehrt nicht die Macht, aber
wohl den Willen, ihren Verbrauch in einem der Größe der Produktion
entsprechenden Verhältnis auszudehnen. Es muß also hier irgendwie
ein Ausgleich geschaffen werden. Es ist deshalb für ein Land, und
mit dieser Forderung kommt Malthus zu einer uns heute sehr merk,,
würdig berührenden Auffassung, in diesem Zustande, also mit reichen
Produktionskräften, notwendig, daß immer eine Klasse von Ver
brauchern da ist, welche keine Güter erzeugt, das Angebot also
nicht vermehrt, sondern nur als Konsument auftritt. Malthus ging
sogar so weit, es unter diesen Umständen für wirtschaftlich vorteil
haft zu erklären, daß eine Regierung für unproduktive Zwecke Geld
verausgabt.
Mit diesem Gedanken, daß in dieser auf wirtschaftlicher Frei
heit beruhenden Wirtschaftsordnung eine allgemeine Überproduk
tion möglich sei, hatte Malthus, das war kein Zweifel, entsprach
aber auch manchen anderen Anschauungen von ihm, an jener oben
dargelegten optimistischen Auffassung der individualistischen Na
tionalökonomie stark gerüttelt. Gegen Malthus wandte sich deshalb
vor allem der Franzose J. B. Say, welcher diese optimistische Auf
fassung, wie sie an den Namen von Adam Smith anknüpfte, noch
mit aller Entschiedenheit vertrat. Er leugnete die Möglichkeit einer
allgemeinen Überproduktion.
Es handelt sich hierbei um Says berühmte Lehre von der
Theorie der Absatzwege, die sich lange Zeit eines sehr großen An
sehens erfreut hat und auch neuerdings noch Anhänger zählt. Say
vertrat den Gedanken, daß Produkte nur mit Produkten gekauft
werden können, und daß das zum Einkäufe dienende Geld doch erst
aus dem Eintausche mit irgendeinem anderen Produkte herrühren
muß. Die bloße Tatsache der Neuschaffung eines Produktes muß
deshalb sofort, wie sie erfolgt ist, für andere Produkte einen Absatz
herbeiführen. In der Gesamtheit muß also dieser Lehre nach, das
Angebot auf dem Warenmärkte mit der Nachfrage immer überein
stimmen. Daraus folgerte Say, daß eine allgemeine Überproduktion
in einem Lande etwas ganz Unmögliches, ja ganz Undenkbares sei.
Absatzstockungen, welche Say natürlich angesichts der offenkun
digen Tatsachen nicht in Abrede stellen konnte, können also niei-
mals von einem Zuviel an Produkten herrühren, sondern sind „das
bloße Resultat einer Anpropfung von Gütern in einem oder mehreren
der Industriekanäle; daß alsdann in diesen Kanälen eine größere
Menge jener Produkte steckt, als der allgemeine Bedarf erheischt,
und daß dies immer daher rührt, daß andere Kanäle, weit entfernt