5. Die Beeinflussung von Konjunktur und Konjunklurwandel. 267
Es gibt auf der einen Seite sehr viele, welche an eine solche
Möglichkeit glauben. Bei anderen jedoch begegnet man ernsten
Bedenken einer solchen Möglichkeit gegenüber. Theoretisch denk
bar wäre ein solcher Gleichgewichtszustand überhaupt nur dann,
wenn die betreffende, auf solchen gemeinwirtschaftlichen Grundlagen
aufgebaute Wirtschaftsordnung eine internationale wäre, d. h. wenn
von einer -obersten Zentralbehörde aus gleichzeitig und gleichartig
Produktion und Konsumtion in allen in Betracht kommenden
Ländern geregelt werden könnte. Vollkommen ausgeschlossen wäre
die Aufrechterhaltung eines solchen Gleichgewichtszustandes, wenn
eine solche auf sozialistischer Grundlage aufgebaute Wirtschaft nur
innerhalb der Grenzen eines einzelnen Staates bestände, welcher
dann mit Ein- und Ausfuhr in die Weltwirtschaft verflochten wäre.
Ob sich aber auch auf einer genügend breiten internationalen Grund
lage ein solcher Gleichgewichtszustand dauernd durchführen ließe,
erscheint aber dann tatsächlich mehr als zweifelhaft, wenn man
daran denkt, daß mit den schwankenden Ernteverhältnissen ein*
ganz unberechenbarer Faktor in die ganze Produktion hineinkommt,
wenn man daran denkt, vor welch nahezu übermenschliche Aufgaben
die Behörden gestellt werden, welche, wenn auch auf Grund der
besten statistischen Unterlagen und des denkbar besten Nachrichten
dienstes über die Größe und die Richtung der Produktion zu be
stimmen hätten. Vor allem dürfte eine Hauptschwierigkeit darin
liegen, die Nachfrage den angebotenen Mengen anzupassen und ohne
Willkür und Zwang den Absatz der überschüssigen Güter zu
sichern 1 ).
Literatur.
Sehr. d. V. f. Sp. Hammacher, Cahen und Laurent, Vogel,
Feiler und Lescure, a. a. 0. —- Mo mb er t, Der privatwirtschaftliche
Gesichtspunkt bei der Erforschung der Konjunkturentwicklung. In: Der
privatwirtschaftliche Gesichtspunkt in der Sozialökonomie und Jurisprudenz.
Mannheim 1914. — Steinitzer, Ökonomische Theorie der Aktiengesell
schaft. Leipzig 1908. — P a s s o w, Die wirtschaftliche Bedeutung der Organi
sation der Aktiengesellschaft. Jena 1907. — Petrazycki, Aktienwesen
und Spekulation. Berlin 1906. — Moral, Aktienkapital und Aktien
emissionskurs bei industriellen Unternehmungen. Leipzig 1914. — Gra
bow er, Die finanzielle Entwicklung der Aktiengesellschaften der deutschen
cnermschen Industrie und ihre Beziehungen zur Bankwelt. Leipzig 1912. —-
Lewinstein, Aktiengesellschaften, Volkswohlstand und Handelskrisen.
Berlin 1901. — Kemeny, Konjunktursymptome am Geldmarkt. Disser
tation. Leipzig 1911. — Wiewiorowski, Einfluß der deutschen Banken
*) Vgl. dazu Esslen, a. a. O. S. 246ff. Cassel, a. a. O. 554.
Eingehender hat diese Zusammenhänge Bourguin in seinem Buche: „Die
sozialistischen Systeme und die wirtschaftliche Entwicklung“ (aus dem Fran
zösischen, Tübingen 1906), Kap. 4, „Das wirtschaftliche Gleichgewicht“, be
sprochen. Vgl. dazu auch E. Heilmann, Mehrwert und Gemeinwirtschaft,
Berlin 1922, vor allem S. 184 ff.