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Rubinglas
bleibt das alchemistische Laboratorium die traditionelle
Einrichtung des Brandenburgischen Hofes.
Auch der Grosse Kurfürst huldigt den Anschau
ungen seiner Zeit Wie lebhaft jedoch alle Entdeckungen
seine Teilnahme erwecken, bezeugen die Magdeburger
Halbkugeln Otto von Guerickes, die noch jetzt auf
der Königlichen Bibliothek zu Berlin aufbewahrt werden.
Aber wenn er auch nicht in den Besitz der ersehnten
Tiriktur gelangt, so finden wir in seinem Laboratorium
doch einen der ausgezeichnetsten Experimentatoren seiner
Zeit, den berühmten Alchemisten Johann Kunkel,
schon ein Chemiker im Sinne unserer Tage, der sich um 1
die Wissenschaft bleibende Verdienste erworben hat.*)
Auf der Pfaueninsel bei Potsdam, wo ihm der Kur
fürst ein Laboratorium erbaut, errichtet er eine Krystall-
glashütte und erfindet 1678 das goldhaltige Rubinglas,
dessen Farbenpracht nicht übertroffen worden ist, wie
wir an der sehenswerten Sammlung seiner Kunstgläser
erkennen, die wir noch heute im Berliner Kunstgewerbe-
Museum bewundern. Der von ihm verwendete Glas
bläsertisch ist noch jetzt ein unentbehrliches Hilfsmittel
im chemischen Laboratorium. Zum zweiten Male ent
deckt Kunkel den Phosphor, dessen Bereitung der erste
Entdecker Brand in Hamburg geheimhielt, der ihn
1669 aus dem Urin erhalten hatte, als er daraus den
Stein der Weisen zu gewinnen gedachte. Die neue Ent
deckung bringt Kunkels „Oeffentliche Zuschrift vom
Phosphoro mirabile“ zur allgemeinen Kenntnis. Dieser
merkwürdige Stoff blieb lange eine Kuriosität, deren
*) Die ältere Chemische Geschichte Berlins hat A. W. Hof mann
in einem (hier mehrfach benutzten) akademischen Vortrag: Ber
liner Alchemisten und Chemiker, Berlin 1882, eingehend behandelt.